Bachs „Johannespassion“ im Wiener Stephansdom: Tiefes Mitgefühl in der Karwoche

Xl_opernschule-wien-stephansdom-3-21-1 © Radio Stephansdom

Weniger das schmerzvolle Leiden Jesu als vielmehr die Heimkehr des Gottessohnes zum Vater: Das erfühlt man in der„Johannes-Passion“ von Johann Sebastian Bach, die zweifellos zu den am meisten aufgeführten Werken der sakralen Literatur zählt. „Herr Jesu Christ, erhöre mich, ich will dich preisen ewiglich“: Diese beiden letzten Verse aus dem letzten Choral sind ebenso, wie all die anderen Choräle voll von tiefem Mitgefühl, von Schmerz aber auch voll Zuversicht und beinahe göttlicher Schönheit. Und sie können intensiv berühren, vor allem dann, wenn sie so wie vom Chor der Wiener Opernschule im Wiener Stephansdom beim vierten Konzert der Reihe „Wiener Domkonzerte im Lockdown“ erklangen, welches jetzt im Live-Stream zu erleben war. Die jungen Stimmen der Studierenden, denen hier die Möglichkeit geboten wurde, ihr Können zu präsentieren, vereinigten sich mit großer Tonreinheit zu einer großen, geschlossenen Homogenität.

Bei den Solisten profilierte sich Alexander Kaimbacher als vielbeschäftigter Evangelist mit klarem, hellen, fast immer höhensicheren Tenor und exemplarischer Wortdeutlichkeit, als einziger Profi. Alle anderen Solisten sind noch Studenten in Ausbildung bei der Opernschule der Wiener Staatsoper. Sie waren hochmotiviert, in unterschiedlichem aber insgesamt doch gutem Niveau zu erleben: Tobias Wurm beeindruckte als weicher, allerdings manchmal etwas heiser klingender Jesus. Jakob Krammer sang den Pilatus und Petrus kernig und Constantin Müller tat sich mit profunden Bassarien hervor. Marlene Janschütz und Theresa Praxmarer sangen ihre Arien mit klarem, leichtem Sopran. Lara Kaya Ege besorgte souverän die Alt-Arien. Jakob Weingartner als Diener und Solist bei den Tenorarien war nicht immer ganz intonationssicher und wirkte etwas nervös. Lea Dluhos sang solide die Magd.

Der Leiter der Opernschule Johannes Mertl selbst stand umsichtig am Pult. Er leitete die Sänger, den Chor wie auch das kleine, meist intonationsrein musizierende Bühnenorchester der Wiener Staatsoper umsichtig, vermochte aber teilweise bei den Musikern etwas zu wenig Verve dafür aber immer große Klangschönheit zu erzeugen.Es gefielen auch die vielen guten Solisten in den eigenen Reihen des Orchesters bei ihren mannigfaltigen Einlagen.

Obwohl die Kameraführung manchmal etwas zu ruckartig war, war man immer am Brennpunkt des Geschehens!

 

Dr. Helmut Christian Mayer

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