Zeitgenössisches begeistert Berliner Publikum

Xl_mfb20_p_ensemble_modern_c_monika_karczmarczyk__5_ © Monika Karczmarczyk

Der englische Musiker zählt zu den renommiertesten lebenden Komponisten. Seine Ausbildung erhielt er unter anderem bei Olivier Messiaen, zu dessen Lieblingsschülern er zählte. Er schuf zahlreiche grosse Orchesterwerke und hat mit seinen Opern grosse Bekanntheit erreicht. 2017 wurde er als Knight Bachelor zum Sir geadelt.

Sir George Benjamin ist nun als Dirigent bei den Berliner Festspielen mit dem Ensemble modern mit einem ausschliesslich zeitgenössischen Programm zu erleben. Der Klangkörper wurde 1980 von Mitgliedern der Jungen Deutschen Philharmonie gegründet. Ausserordentlich ist seine basisdemokratische Organisation, die ohne künstlerischen Leiter auskommt. Das Solistenensemble ist international besetzt und in Frankfurt am Main beheimatet. Es widmet sich neben eigenen Konzertreihen auch der Aufführungspraxis zeitgenössischer Opern.

Mit einer eigenen Komposition von Sir George Benjamin „At first light“ beginnt der Abend. Ein spätes Gemälde von William Turner und dessen Umgang mit dem Gegenlicht einer goldenen Sonne hat ihn in dieser Komposition inspiriert und beeinflusst. Felder, Kühe und eine mittelalterliche Burg scheinen mit dem Licht zu verschmelzen. Es mutet wie eine Apotheose der Farben und Stimmungen, Geräusche und Objekte. In seiner musikalischen Gestaltung sind wiederkehrende Motive erkennbar, die sich verspielt wiederholen und miteinander verschmelzen. Ein nach vorwärts strebender Drang entwickelt sich ganz natürlich, führt zu Ausbrüchen, die immer wieder geglättet werden und am Ende verpufft eine Melodie zart in der Luft. Nahezu regungslos führt der Komponist die Musiker, schlägt dezent nahezu monoton aber wie eine Schweizer Uhr genau den Takt, gibt Einsätze mit kleinen Gesten, wenn nicht nur mit Blickkontakt. So hält er Ruhe, weicht das Zusammenspiel auf und lässt die Orchestrierung wirken.

Im Gegensatz dazu steht Im zweiten Teil des Konzertes die Komposition „Jagden und Formen“ von Wolfgang Rihm. Mit einem Händeklatsch des Orchesters beginnt das Werk abrupt. Ein markantes schnelles Violinsolo folgt, eine zweite Violine steigt ein und scheint dagegen anzukämpfen. Mit dem Einsatz der Bläser, die harmonisch und rhythmisch im Gegensatz stehen wird die Jagd förmlich aufgenommen. Wer jagt wen? Wohin zieht die Gesellschaft. Ein spannungsgeladenes Wechselspiel aller Instrumente folgt und fordert die volle Konzentration aller Beteiligten. Scharf und klar sind die Einsätze zu beachten, pointiert der Rhythmus und die Harmonie ausufernd ohne in die Dissonanz zu verfallen. Über eine Stunde wird der Zuhörer in den Bann gezogen. Es bleibt keine Zeit zum verweilen, das Werk verfällt in keine Ruhepause oder grösseren Tempowechsel. Die Massivität der Klangwelten wühlt auf aber erschlägt nicht.

Die Musiker zeigen ihr hohe musikalische Qualität auch in dervauferlegten Distanz und Routine mit solchen eckigen, herausfordernden Werken. Unter der souveränen ruhigen Stabführung von Sir George Benjamin finden die Musiker Rückhalt und klare Zeichen, das Ergebnis überzeugt das Publikum, das sich mit langanhaltenden Jubel bedankt.

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