Wir spielen für Österreich- kläglicher Versuch des ORF eines kulturellen Neustarts

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Wir spielen für Österreich- kläglicher Versuch des ORF eines kulturellen Neustarts

Wir spielen für Österreich – unter diesem Motto haben sich unter der Führung des ORF, des österreichischen Rundfunks, verschiedene Veranstalter wie die Wiener Staatsoper, die Wiener Volksoper und die Vereinigten Bühnen Wien (u.a. Theater an der Wien, Raimundtheater) zusammengefunden, um Kultur über den Bildschirm und das Radio in Zeiten der Ausgangssperren und Versammlungsbeschränkungen zu den Menschen nach Hause zu bringen. Viele Künstler und Künstlerinnen, darunter zahlreiche Weltstars, haben ihre Bereitschaft der Mitwirkung spontan zugesagt. An drei Abenden soll Kultur unter den dramatischen Einschränkungen des Epidemiegesetzes zum Leben erweckt werden. Oper, Operette und Musical sind die Themenschwerpunkte.

 

Am gestrigen Abend zur besten Fernsehzeit um 20.15 wurde auf dem Kultursender ORF III sowie dem Radio Klassik Sender Ö1 der erste Abend, eine Gala der Opernsänger und -sängerinnen der Spitzenklasse ausgestrahlt. Juan Diego Florez, Valentina Naforniţă, Tomasz Konieczny, Elena Maximova, Jongmin Park, Piotr Beczala, Andreas Schager, Jonas Kaufmann sowie Anna Netrebko und Yusif Eyvazov sei ergebenster Dank für ihre großzügige Mitwirkung zur Freude aller Klassikfans in Zeiten der Abstinenz vorweg ausgesprochen.

Als Veranstaltungsort wurde das ORF Radio KulturHaus ausgewählt, für die eingeschränkte Begleitung sorgten das Streichquartett des RSO Wien und der Studienleiter der Wiener Staatsoper, Jendrik Springer, am Klavier. Kulturbotschafterin Barbara Rett moderierte im Fernsehen, Christoph Wagner Trenkwitz im Radio. An den Mitwirkenden kann es also nicht gelegen haben.

Wer den Abend gespannt am Bildschirm verfolgt hat, wird sich sicherlich gleich fragen, wieso hier der in der Übertragung und Aufzeichnung von Aufführungen routinierte österreichische Rundfunk nicht mehr Augenmerk auf die Gestaltung und insbesondere Tontechnik dieses außerordentlichen Abends Wert gelegt hat, auch wenn zu Beginn - wie bei einem echten Opernabend vor dem Vorhang – durch die Moderatorin auf mögliche Indisposition der Technik und des Raumes aufgrund der Corona Krise hingewiesen wurde. Ein spiegelnder rot blau orange changierender Vorhang bildete den ausdruckslosen, wenig dekorativen und optisch störenden Hintergrund, die trostlos leeren Zuschauerreihen wurden lediglich mit Großbuchstaben der Botschaft „wir spielen für Österreich“ dekoriert. Im vorgeschriebenen Abstand saß das Streichquartett aufgereiht. Hier hätte mit mehr Phantasie und einfachen Mitteln ein ansprechenderer Rahmen für eine Wohlfühlatmosphäre in dieser traurigen Kulturzeit geschaffen werden können. In starken Kontrast hierzu treten die Opernstars in eleganten teils farbenfrohen Roben und traditionell dunklen Anzug auf, wie in Konzerten bisher üblich.. Eine abgestimmte und ansprechende Regie schaut anders aus. Dies hat die kurze Einspielung von Jonas Kaufmann aus München zum Beispiel bewiesen, der mit Tisch und Kaffee ein Wiener Lied zu Ehren der Kaffeehäuser „in einem kleinen Cafe in Hernals“ mit viel Verve und Esprit, in lässiger Kleidung zum Besten gab.

Mehr noch enttäuschte die Qualität der Tontechnik und technische Umsetzung, dies im hauseigenen Kulturhaus. Der Klang der Streicher blieb leblos und dünn, lediglich das Cello konnte etwas Wärme und Volumen vermitteln. Insbesondere das Zusammenspiel aller Musiker und Sänger klang wenig ausbalanciert. Zum Glück nahmen die meisten Künstler bewusst Rücksicht auf die Einschränkungen in der Auswahl der vorgetragenen Arien und Lieder, trotzdem kam es zu Übersteuerungen und Schärfen im Vortrag verschiedener Arien. Anna Netrebko bewies wieder ihre Klasse, die mit den Gegebenheiten hörbar am besten zurechtkam. Hoffentlich lernt man aus den Defiziten für die weiteren Abende.

 

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