Wien - Ariodante Barocke Tristesse in Finesse ausmusiziert

Xl_01_ariodante_124443_kellner_houtzeel © Wiener Staatsoper MIchael Plön

Georg Friedriche Händel - Ariodante

Besuch am 13.11.2019

Barocke Tristesse in Finesse ausmusiziert

Georg Friedrich Händels Ariodante ist ein ausgeprägtes Beispiel grosser barocker Opernmusik mit zahlreichen da capo und accompagnato Arien sowie Duetten und einzelnen Chorszenen. Das Opernleben erlebt seinen Höhepunkt in London.

Ariodante fusst wie viele andere zeitgleich entstandene Opern auf dem mittelalterlichen Epos Orlando Furioso von Ludovico Ariostos. Es geht um tugendhafte Liebe, Täuschung und Intrige. Polioso, in Ginevra verliebt stachelt eine verräterische Verwechslung an, um die Liebe und Hochzeit von Ariodante mit Ginevra zu zerstören. Er stürzt die beiden in tiefe Bedrängnis. Ariodante versucht einen Selbstmord, Ginevra droht die Todesstrafe für Ihre Schamlosigkeit. Zum Glück wird noch rechtzeitig alles aufgeklärt und die Tugend siegt über den Verrat. Ein Klassiker auch klassisch in schönen Bildern mit viel Gespür von David McVicar inszeniert. Der Brite nähert sich ungezwungen dem Stoff, entführt den Betrachter an die schottische Küste, ab und an Nebel verhangen, kalte Mauern werden immer wieder verschoben und bilden gemütliche Schlossathmosphäre in der gefeiert und getanzt wird. Glanz, Eleganz, Pomp und kreatives Tanz- Theater fürs Auge und durch  die Musik zum Hören gebracht.

Barockes Ambiente auch im Graben. Dort spielen les Talens Lyriques auf Originalinstrumenten geführt von Christophe Rousset. Frisch, dynamisch bleibt der Schwung trotz der Länge. Gewusst wie gestaltet sich das Zusammenspiel mit der Bühne. Hier verzaubern die ausgesprochene Barockspezialistin Stephanie Houtzeel in der Titelrolle. Ihr Mezzo zeichnet sich durch eine dunkle Färbung aus, mit weichem Timbre kombiniert. Auch im Erscheinungsbild überzeugt sie in der Hosenrolle und versteht als düpierter Bräutigam zu berühren.

Chen Reiss startet verhalten als Ginevra aber steigert sich als treue unschuldige ehrfürchtige Tochter zu edlen Spitzentönen zärtlich phrasiert, klar artikuliert und intoniert. Mit Hingebung gestaltet sie ihre anspruchsvollen Arien und bleibt dabei leicht und klar.

Hila Fahima stellt sich der Aufgabe, die verräterische Dalinda darzustellen, die reumütig ihre Tat gesteht. Stimmlich sicher aber farblos. Max Emmanuel Cencic tumpft als der böse Charakter Polinesso auf, schmettert mit seinem Countertenor die Arien, lässt klare Intonation mitunter vermissen. Dies gleicht er mit seiner schauspielerischen Qualität aus. Den Giftzwerg kauft man ihm ab. Bestechend der junge frische Tenor von Josh Lovell als Lurcanio. Als Preisträger des Young Singers Project der Salzburger Festspiele 2019 hat er bereits auf sich aufmerksam gemacht. Diese Saison glänzt er bereits an der Wiener Staatsoper. Zuvor in Brittens Midsummernight Dream und jetzt als fürsorglicher streitbarer Bruder Ariodantes. Weich und lyrisch streicht er seine Melodien, sicher ohne Druck steigt er in Höhen und Tiefen. Von diesem jungen Kanadier werden wir noch mehr hören.

Das Publikum harrt über 4 Stunden ruhig und aufmerksam aus und lässt alle in Jubel hochleben.

 

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