
Giuseppe Verdi La Traviata Salzburger Pfingstfestspiele 8.6.2025
Verdi konzertant in Salzburg - Ein Fest der Stimmen mit gestalterischem Ausdruck
Die Uraufführung von Giuseppe Verdis so beliebter Oper La Traviata endete 1853 am Teatro La Fenice mit einem regelrechten Fiasko, wie der Meister selbst berichtet. Mag es an der Besetzung gelegen sein, der Handlung oder der musikalischen Gestaltung ist nicht klar nachweisbar, aber bald stellte sich der erhoffte Erfolg in Venedig und der gesamten Opernwelt bis heute ein. So passt die Auswahl dieser Oper zu dem Leitbild Venedig der diesjährigen Pfingstfestspiele in Salzburg. In Starbesetzung hat das Management sich für eine konzertante Aufführung des drama lirico um die aufopfernde Liebe der Kurtisane Violetta zu dem jungen ungestümen Alfredo Germont entschieden. Ehrenhaft tritt sie zurück, um sich dem gesellschaftlichen Anspruch der Familie Germont zu entziehen. Im Tod finden die Liebenden wieder zusammen, zu spät für die Sterbende. Meisterhaft hat der große Komponist diese ergreifende Geschichte mit zum Teil autobiographischen Zügen in Töne gepackt.
Nadine Sierra verkörpert im großen Festspielhaus in Salzburg diese starke weibliche Persönlichkeit, die ihrer Schwindsucht erliegt mit Grandezza und tiefer Emotionalität. Charismatisch wandelt sie sich vom vergnügungssüchtigen koketten Partygirl zur anmutigen untadeligen Dame bevor sie sich im letzten Akt barfuß im schwarzen seidenem Unterkleid todgeweiht auf die Bühne schleppt. Großes Theater, von allen Beteiligten, und der Zuhörer wird auch ohne Bühnenbild und Regie gepackt. Ihr Sopran besitzt Kraft, Flexibilität mit dunkler Färbung, die besonders in der Mittellage gut zum Ausdruck kommt. Die anspruchsvolle Partie mit Koloraturen und halsbrecherischen Höhen meistert sie sicher. Die Herausforderung ist ihr am Ende des ersten Aktes anzumerken.
Mit Piotr Beczała steht der jungen US Amerikanerin ein Routinier mit bestens gebetteter Tenorstimme zu Seite. Mit Strahlkraft und feinsten Legati trägt er seine Arien vor und verschmilzt mit Sierra in den innigen Duetten. Weitere große Gesangskunst ist mit Luca Salsi als Vater Germont zu erleben. Er zeigt sich wieder in guter Verfassung und überzeugt als fürsorglicher aber auch gestrenger Vater. Sowohl im Duett mit der „unehrenhaften“ Titelheldin - zu deutsch die vom Weg Abgekommene - als auch mit seinem Sohn schwebt er zwischen harter Pflicht und tiefer Menschlichkeit. Auch die Nebenrollen sind gut besetzt. Der Chor der Oper Monte Carlo, dessen Intendantin wie auch in Salzburg Cecilia Bartoli ist, fügt sich gut in das einfach angedeutete Spiel ein und überzeugt mit einer ausgefeilten harmonischen und klanglich gut ausbalancierten Mitwirkung.
Massimo Zanetti steht sichtlich mit Freude am Pult des Mozarteumorchester Salzburg, das er mit vielen Gesten und weniger Inspiration führt und fleißig lobt. Nach der Pause wirkt das Dirigat farbiger, spritziger mit mehr bildhafter Untermalung der Handlung.
Große Begeisterung und jubelnder Zuspruch im ausverkauften Saal
Dr. Helmut Pitsch
08. Juni 2025 | Drucken
Kommentare