Teatro Colon - Edle Ausstattung und Gefühle in der Neuinszenierung von La Traviata

Xl_7dd6e48c-83cf-442c-8bc0-2f12cb689aaa © Helmut Pitsch

Giuseppe Verdi La Traviata Teatro Colon Buenos Aires

Teatro Colon - Edle Ausstattung und Gefühle in der Neuinszenierung von La Traviata

Lichtdurchflutet ist der helle neoklassizistische Salon, die Gäste in eleganten schwarz weiss Roben, die Herren in Frack und Smoking. Violetta Valery schleppt sich im flatternden Nachthemd durch ein paar Stühle, das einzige Mobiliar zur Overtüre und wird dann von einem Heer von Kammerzofen in ein weißes Ballkleid gesteckt. Valery alias La Traviata darf ihr glamuröses Gesellschaftsleben und mehr auskosten. Der Chor des berühmten Teatro Colon in Buenos Aires zeigt sich auch in bester Form und Feierlaune. Auch das ländliche Idyll von Violetta, in das sie sich mit Alfredo in überschwenglicher Liebe zurück zieht ist alles andere als bescheiden. Durch ein großes Fenster mit Blumenmuster ganz nach Jugendstil dringt helles Tageslicht in den edlen Raum mit Schreibtisch, Telefon und weisser Sitzlederecke. Der Bühnenbildner Daniel Bianco liefert für die Neuinszenierung von Giuseppe Verdis beliebter Oper La Traviata ästhetisch geschmackvolle Bilder luxuriöser Domizile der gehobenen Pariser Gesellschaft in Kostümen von Renata Schussheim im Stilmix des 20. Jahrhunderts. Emilio Sagi, der Regisseur steuert bewegtes Leben dazu. Bunt und schwungvoll mitreißend wird im dritten Akt der Auftritt der Zigeunerinnen in roten Fransenkleidern und die Herren mit Torero Haube. Vor einem großen Spiegel leidet Violetta im letzten Bild auf einer Chaisse longue und erwartet ihren Geliebten aber auch ihren Tod. Sehr gefühlvoll steuert Sima die Entwicklung dieser tragischen Liebesgeschichte, gibt jeder Person ein prägendes Profil, welches die ausführenden Sänger gut verinnerlichen.

Mit Laura Pisani präsentiert sich eine viielseitige schauspielerisch talentierte Sopranistin in der Titelpartie. Sie strahlt in der Gesellschaft, bewegt sich in ihr locker souverän und flirtet keck. Ihre Begeisterung und Begehren für Alfredo wirkt echt, ihre Zerbrechlichkeit gegenüber dem harten Begehren des strengen Vaters Germont berührt wie ihr Todeskampf und aufkeimende Sehnsucht und Verzweiflung. All dies bildet sie gekonnt in ihrer sängerischen Ausdruckskraft ab. Auch wenn die Koloraturen nicht perlen, die feinen Gefühlsnuancen sind bestens zu hören. Fein ausgeführt erklingen ihre Arien in Harmonie und melodiöser Leichtigkeit.

Nüchtern und scheu wirkt hier Diego Bento als hingerissener in Liebe entflammter Alfredo. Sein Zorn und enttäuschtes Aufbegehren hätte mehr Dramatik vertragen. Stimmlich meistert sein gering timbrierter Tenor die Rolle sicher mit ausreichend Kraft und Farbe in der Stimme. Viel Ausdruckskraft ist bei Leonardo Lopez-Linares als sein Vater zu spüren. Entschlossenheit weicht einem fühlenden Vater, der auf Rettung seines Familienansehens drängt, die Reichweite seines Begehren aber zu fühlen scheint. Sein Bariton hat Wärme, hell timbriert fliessen die Melodien geschmeidig und locker.

Mit Beatrice Venezi am Pult trifft man auf eine Dirigentin, die zur Zeit in den Schlagzeilen ihrer Heimat Italien steht. Von der Regierungschefin in das Amt als Musikdirektorin des Teattro La Fenice von Venedig gedrängt, wehrt sich das Orchester als auch das Opernhaus gegen diese diktatorische Besetzung aufgrund von nicht ausreichender Befähigung. Die Debatte wirft kein gutes Licht auf die italienische Kulturpolitik. Fernab dieser Diskussion führt Venezi das Orchester in Buenos Aires sicher, etwas schleppend aber zu uninspiriert durch die von Gefühlen und Leidenschaften sprühende Partitur. Klar sind ihre Zeichen zur Bühne und hält den Sängern auch Platz für deren musikalische Gestaltung frei.

Der Jubel des Publikums ist groß an diesem letzten Abend des Premierenaufführungszykluses. Alle Abende sind ausverkauft und das Teatro Colon zeigt seine Strahlkraft.

Dr. Helmut Pitsch

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