Simone Boccanegra in der Wiener Staatsoper ein Fest der Stimmen

Xl_simone-boccanegra-wiener-staatsoper-2018 © Wiener Staatsoper Michael Pöhn

Peter Stein schuf für die Osterfestspiele Salzburg 2000 eine ästhetische reduzierte Inszenierung um das Schicksal des Genueser Dogen Simone Boccanegra, welches von seiner verbotenen Liebe zu Maria, der Tochter des verfeindeten Patriziers Jacopo Fiesco geprägt ist. Der Tod der Geliebten und die Suche nach der verlorenen gemeinsamen Tochter Maria gestaltet der Regisseur in klaren Bildern, eingebettet in historisch Kostümen aus edlen Materialien. Die Rolle des Titelhelden ist für viele Baritone ein Leibrolle und Markenzeichen zu gleich. So auch für Thomas Hampson, der hier bereits seit mehreren Jahren auf vielen Bühnen Erfolge feiert. Über die Jahre ist seine Darstellung ausgereift und ausdrucksstark dank seiner natürlichen Bühnenpräsenz. Majestätisch tritt er als hoher Würdenträger und Held des Stadtstaates auf, gebeutelt von innenpolitischen Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen. Viel gefühlvollen Raum und Pathos widmet er seiner fürsorglichen Liebe zur wiedergefundenen Tochter und Befriedung seines lebenslangen Konfliktes mit seinem erbitterten Gegenspieler Fiesco. Seine Stimme überzeugt unverändert mit gehaltvollem warmen Timbre, zu Beginn lassen sich kleinere Unsicherheiten in der Intonation erkennen. Eingesungen baut er erfahren Dramatik auf, öffnet mit wohldosierten Volumen klangvoll langgezogene Melodiebögen über alle Lagen. Pointiert abgesetzt davon seine herrschaftlichen Rollenszenen. Meisterhaft komponierte Giuseppe Verdi die verschiedenen Duette der Männerstimmen, die an diesem Abend durchgängig mit besten Sängern besetzt sind. Francesco Meli brilliert als draufgängerischer Rebell Gabriele Adorno, entbrannt in seiner Liebe zu Amelia, der wiedergefundenen Tochter des familiären Erzfeindes Boccanegra. Sein Tenor ist frisch, hell und hat an Volumen gewonnen, sodass er mit der Lautstärke taktisch spielen kann. Reizvolle ausgesungene Piani sind eine wohltuende Abwechslung zu den oft gehörten Forcierungen seiner Kollegen. Dmitry Belosselsky zeigt sich stimmgewaltig und gesetzt als der von blinden Hass zerfressenen Persönlichkeit Fiescos, der zu spät Einsicht gewinnt. Ergreifend die Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Titelhelden, der immer wieder den Frieden mit ihm sucht. Orhan Yildiz fügt sich stimmlich und im Spiel harmonisch als Strippen ziehender Paolo ein. Marina Rebeka verleiht der Rolle der Amelia bzw Maria darstellerische und gesangliche Größe. Ihr Sopran hat viel Farbe, die die technisch einwandfreie Leistung wirkungsvoll steigert. In allen Lagen sitzt ihre Stimme sicher und bleibt flexibel. Die Wiener Philharmoniker zeigen ihre Routine ohne grosse Proben ein breites Reperoire zu meistern. Unter Evelino Pido ' s resoluter klarer Führung erklingt ein trockener romantischer Verdi, der bunt Stimmungen koloriert und Charakteren einprägsame Harmonien unterlegt. Die Tempi sind zügig ohne Hetze, der spürbare Vorwärtsdruck verleiht der musikalischen Unterlegung Spannung. Viel Beifall vom Publikum und die natürlichen Ovationen der Fans zum Abschluss dieser Wiederaufnahme.

Dr. Helmut Pitsch

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