Siegfried in Stuttgart als gelungene Auffrischung der legendären Inszenierung

Xl_080423stutgart__sig8672__002_ © Martin Sigmund

Richard Wagner Siegfried Staatsoper Stuttgart 8.4.23

Siegfried in Stuttgart als gelungene Auffrischung der legendären Inszenierung

Mit Siegfried kehrt nun am zweiten Abend der Tetralogie im neuen Zyklus des Ring des Nibelungen an der Staatsoper Stuttgart die bereits 1999 erstaufgeführte Inszenierung der ehemaligen Intendanz, dem Künstlerpaar Jossi Wieler / Sergio Morabito zurück. Geräumig ist die Schmiede Mimes in einem verfallenen Industriebau mit Herd und Ofen, ein gemütliches Sofa im Stil der 60iger findet auch Platz auf der Bühne. Siegfried schmiedet auch munter im T Shirt und langer blonder Mähne sein Schwert am Amboss .

Fafners Höhle verbirgt sich hinter einem Stacheldrahtzaun. Dort wartet der Wurm im Hemd auf seinen Bezwinger. Das Waldvögelein geistert als blinder Teenager herum und nimmt den furchtlosen Helden an die Hand.

Legendenstatus hat über die Jahre die widersprüchliche Gestaltung des dritten Aktes durch das Regieduo erlangt, versetzen Sie den Betrachter unerwartet in eine wenig göttliche Welt. Erda schläft in einer verkommenen Waschanlage auf einem Hocker sitzend in langem edlen Seidennachthemd. Wotans Besuch endet mit unzärtlichen Handgreiflichkeiten bevor sie sich auf den Boden legt um weiterzuschlafen. Nach einem impulsiven intensiven Zwischenspiel bei geschlossenem Vorhang öffnet sich der Blick in das hell weisse Schleiflackschlafzimmer Brünnhildes, Gelsenkirchner Barock der 60iger. Auch die Walküre schläft auf ihrem Hocker vor dem Spiegel. Der Waldvogel verschwindet gleich in einem Wandschrank, das wird Siegfried später auch noch, wenn er das Fürchten lernt. Das folgende Geschehen ist von einer klugen äußerst humorvollen Personenregie gekennzeichnet. Kaum erwacht lockt die edle Maid den Helden in ihr Bett, lässt Horn und Schwert im Nachtkästchen verschwinden. Subtil witzig sind viele Gesten bis am Ende Siegfried Testosteron getrieben zu ihr ins Bett springt.

Wieder führt Cornelius Meister sein Orchester mit viel Umsicht und Gespür. Erfreulich sicher tönen die Bläser und gestalten fülligen und erfrischenden Klang. Viel Schwung und romantische Stimmungen schaffen die Streicher, stürmisch und genauso intim. Bestens abgestimmt und harmonisch verwebt sich das Orchester mit den Sängern.

Stefan Vinke präsentiert sich als sicherer und kraftvoller Siegfried. Heldenhaft lässt er seinen Tenör strömen, ab und an bleibt die Melodie gedrungen. Matthias Klink ist ein ausdruckstarker Mime mit viel Spielfreude. Er zeichnet mit Bravour den übelgesinnten falschspielenden Zwerg und gibt ihm schwule Züge. Stimmlich kann er gekonnt verschiedene Situationen und Absichten abbilden. Thomas Johannes Mayer kehrt als Wanderer wieder und überzeugt mit mächtiger Stimme und großem spielerischen Einsatz. Alexandre Duhamel ist als sein erbitterter Gegenspieler ein blasser Alberich. David Steffens dröhnt furchteinflössend nahezu monsterhaft aus dem Hintergrund als Fafner. Blutüberströmt erzählt er sein Schicksal in feinem Gesang. Beate Ritter geistert blind als Waldvogel herum. Kraftvoll ist ihre Höhe bleibt aber schwerverständlich. Im letzten Akt zeigen Stine Marie Fischer als Erda und Simone Schneider als Brünnhilde große Gesangskunst. Gekonnt spielen sie mit Intonation und Farbe in der Stimme, bleiben gut verständlich und zeigen auch kräftiges Volumen.

Der Jubel im Publikum ist groß und lang. Mit Beifall, Bravi und stehender Ovation werden die Künstler belohnt.

Dr. Helmut Pitsch

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