Siegfried - Ein Held macht sich auf - Viel Aktion auf dem grünen Hügel

Xl_sieg_080723_070_enriconawrath_press__002_ © Enrico Nawrath

Richard Wagner Siegfried Bayreuther Festspiele 24.8.2023

Siegfried - Ein Held macht sich auf - Viel Aktion auf dem Grünen Hügel 

Die Erwartungen an die Regie von Valentin Schwarz waren nach zwei Ring Abenden und langsam verarbeiteten Regieeinfällen vor Siegfried geprägt von Fragen. Wie wird Mime hausen, wie Notung geschmiedet, das Schwert das es bisher nicht gab und ein paar mehr.

Im ersten Aufzug kehren wir in Hundings Haus zurück, etwas umgebaut und dem Charakter Mimes entsprechend ungeordnet hat es Bühnenbildner Andrea Cozzi gestaltet. Der ehemalige Erzieher in Nibelheim bastelt jetzt schräg Holzpuppen, die er in einem Kasperltheater auftreten lässt. Er kocht mit Mikrowelle und lenkt die Erziehung des jungen Siegfried auf den Kampf mit Fafner. Siegfried ist ein junger strahlender blonder Held, naiv, unerzogen aber mit Herz, der den ungeliebten Mitbewohner und Erzieher auch mal wäscht und versorgt. Die Personenregie im ersten Akt ist einfallslos, die Wissensszene statisch, Wotan erscheint mit einem Geschenk an seinen Sohn Siegfried, das Schmiedelied wird mühsam und zur lächerlichen Farce ohne Blasebalg. Es gibt ein dünnes Schwertchen, das Siegfried aus dem Geschenk Wotans, einer Krücke für Mime zaubert: Am Ende kommt noch der Revolver, der Waffe Siegmunds aus der Walküre zum Vorschein.

Origineller und auch durchaus nachvollziehbar im synkretischen Regiekonzept gelingt der zweite Akt. Der stark gealterte Fafner wird in Wotans Haus gepflegt, der junge Hagen sitzt an seinem Bett. An der Haarpracht und Kleidung erkennen wir in ihm den geraubten Goldschatz der Rheintöchter (im Rheingold als Kind dargestellt) wieder, der folgend als Goldschatz zur Auslösung Freias an die Riesen übergeben wurde und nun im Besitz Fafners ist. Der Waldvogel entpuppt sich als selbstbewusste kesse Pflegerin, die mit Siegfried flirtet, passend zu der reizvollen musikalischen Szene zwischen den beiden. Wotan und Alberich kommen mit Blumen zu Besuch und verfolgen den nur andeutungsweise stattfindenden Kampf Siegfrieds mit dem immobilen Fafner, der mit einem Rollator in den Ring steigt und an Herzversagen stirbt. Der junge Hagen wird als Hort und Ring von Siegfried erbeutet und freundschaftlich zu Brünnhilde mitgenommen. Zuvor wird Mime noch brutal auf der Couch in einem Gelage erstochen und erstickt.

Wieder in Walhall erweckt Wotan die blinde Erda, die von dem jungen Mädchen, aus Rheingold bekannt, geführt wird. Die Szene entwickelt durch Unbeweglichkeit Erdas wenig Spannung. Anschließend wird Wotan von Siegfried und dem stummen Hagen zur Rede gestellt. Statt Speer zielt Wotan mit einem Revolver auf Hagen, den Siegfried mit seinem Minischwert Notung aus der Hand schlägt. Der Weg ist frei zur hell leuchtenden Pyramide, dem Anbau an Walhall in dem Brünnhilde zu ewigen Schlaf gelegt wurde. Sie kommt aber Siegfried bereits ungeküsst traumwandelnd mit Grane im Zwischenspiel entgegen. Statt Brünne nimmt ihr Siegfried die Bandagen am Kopf ab. Die folgende Gestaltung der Verbindung der beiden bleibt ohne Erotik und knisternde Eroberung aber verständnisvoller Achtung und Annäherung. 

Dafür passiert an diesem Abend sehr viel Dramatik und musikalische Auskleidung in präsenter Orchesterbegleitung sowie Führung. Im Volumen deutlich die Phonzahl erhöht,  findet Pietari Inkinen weitere Möglichkeiten differenziert die Breite der Partitur mit ausgedehnten symphonischen Passagen in seinen erzählerischen Inhalten auszuspielen. Ein paar Unpässlichkeiten der Bläser gerade in der Schlüsselstelle der Waldszene sind hier gleich wieder vergessen.

Gesanglich überstrahlt die Leistung von Andreas Schager in der Titelrolle die insgesamt außerordentlichen Leistungen des Ensembles. Die Kraft seiner Stimme ohne übermäßig zu forcieren ist ein Markenzeichen seines Heldentenors. Aber es folgen auch lyrischeliedhafte Einlagen, die sich wohlig einschmeicheln. Wieder sind Tomasz Koniexzny und Olafur Sigudarson zwei stimmlich mächtige Gegner. Ergreifend und durchgreifend ist der wohlig fest und dunkle Bass von Tobias Kehrer als Fafner. Arnold Bezuyen verleiht Mime einen schön artikulierten und melodiös gestalteten Gesang und befreit ihn von der oft als verklemmten, miesepetrigen Zeichnung. 

Daniela Köhlers Sopran besitzt klare helle Höhen und eine beeindruckende Spannbreite, bleibt aber für das Haus zu klein als Brünnhilde. Anmutig wechselt sie in den lyrischen Stellen zu einem eleganten Gesang.

Okka von der Damerau überzeugt wiederum als gut verständlich und stimmlich ausgefeilte Erda. Alexandra Steiner bleibt als Waldvogel blass und unverständlich, wenn auch munter im Spiel..

Wiederum gibt es Ablehnung bei einem Teil des Publikum für das Regiekonzept des reißerischen mitunter unterhaltsam verfremdeten Inhaltes eines telegenen Familiendramas. Aber die  Begeisterung bestimmt den Beifall  Modern setzt Valentin Schwarz seine Prinzip der zerstörerischen Familiengeschichte weiter um. 

Dr. Helmut Pitsch 

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