Salzburg Macbeth unerfüllter Kinderwunsch und blutiger Machtanspruch

Xl_4a367573-4df5-427e-8b48-a721bfed52cc © Ruth Walz

Giuseppe Verdi Macbeth Salzburger Festspiele 26.8.2025

Wieder einmal gibt es die Wiederaufnahme einer Opernproduktion bei den Salzburger Festspielen mit  Macbeth von Giuseppe Verdi. 2023 hatte die Regiearbeit von Krzysztof Warlikowski Premiere, 2025 wird sie wiederum 6 mal gezeigt. Auch der Komponist Giuseppe Verdi hat sich mit dieser seiner zehnten Oper schwer getan und versucht neue Wege zu beschreiten. Im Gegensatz zum damals dominanten Belcanto mit Schöngesang und zumeist Liebeshandlungen geht es hier um ein blutiges Drama um Macht. Sein Aufbau der Szenen löst sich vom klassischen Muster Rezitativ und Arie ergänzt mit Stretta. Die Handlung wird komplexer und die Charakterzeichnung tiefer.

Warlikowskis Regiekonzept gründet sich in einem unerfüllten Kinderwunsch von Lady Macbeth und den davon abgeleiteten übergroßen Machtanspruch, den sie durch Morde insbesondere von Kindern als mögliche Nachfolger langfristig sichern will. Ihr Gatte und Titelheld wird von ihr bis zum Wahnsinn instrumentalisiert, Wahnsinn dem auch sie verfällt und beide fallen am Ende. Kinder werden auch im Libretto immer wieder thematisiert, der Pole überreagiert hier bis hin zum Kindermord in Bethlehem, den er als Video des Kinofilms von Pasolini in Ausschnitten einspielen lässt und auf der Bühne bildhaft mit zahlreichen vergifteten Kindern nachspielt. Insgesamt fällt sein Ideenreichtum in vielen starken Bilden auf, nur dass er damit optisch überfrachtet und nicht zum Punkt und einer spannenden Erzählweise kommt sondern im Gegenteil lähmt.

Ständig wird erwas bewegt, ein Guckkasten von links, ein halbtransparentes Etwas von rechts. Die riesige Bühne des Salzburger Festspielhauses bietet der Bühnenbildnerin Malgorzata Szczosniak viel Raum, dessen Bespielung anspruchsvoll ist und hier nicht zur Geltung kommt. Eine immens lange Bank an der Rückwand wird immer wieder nach vorne geschoben, dazu kommt noch eine Tribüne wie im Kino die hereingefahren wird. Dazu gibt es Videos, Projektionen von Kameras auf der Bühne und Photos auf der Bühnenrückwand, eine Lichtinstallation wie in einem Variete kommt von oben herunter. Ihre Kostüme sind für die Herren Anzüge meist dunkel und immer wieder Mäntel und Hüte für die Choristen. Die Frauen tragen Kostüme oder Kleider im Stil der Fünfziger mit etwas Farbe. Auch die Zahl der Handelnden auf der Bühne kann sich sehen lassen. Kinder werden effektvoll eingesetzt. Mit Masken, Perücke, Handtasche und Kleidung zu Erwachsenen maskiert, die dann als Hexen agieren oder für Wahnvorstellungen stehen.

Es wird dem Betrachter viel geboten, Sinn und Sinnhaftigkeit muss gedeutet werden. In der Personenregie liegt sein Fokus auf dem Charakter von Lady Macbeth, ihrer Machtbessenheit und der subtilen Führung ihres Gatten. Die beiden sind dabei von ständigem Kleiderwechsel nicht verschont.

In der musikalischen Umsetzung verhindert das schleppende Dirigat von Philippe Jordan einen Spannungsaufbau. Die Wiener Philharmoniker liefern einen wunderbaren weichen Klang, spielen harmonisch perfekt zusammen und liefern immer wieder breite solide Klangteppiche. Asmik Grigorian dominiert als Lady Macbeth den Abend. Schon zur Ouvertüre ist sie beim Besuch des Frauenarztes inkl Gebärsessel auch auf Video übertragen zu erleben. Dies als Hinführung zu ihrem bestialischen Handeln. Großartig ist ihre darstellerische Umsetzung. Zuerst als kaltblütige Herrscherin aber umso mehr als dem Wahnsinn Verfallene. Wie sie hier über die Bühne zieht, mit Lampe im Arm, auch äußerlich verändert ist filmreif. Stimmlich zeigt sie zu Beginn metallen verdeckte Höhen, lockert sich in der Folge und gefällt mit weicher gegührter Stimme, der aber Fülle fehlt. Vladislav Sulimsky kann darstellerisch neben Asmik Grigorian schwer bestehen, ist aber passend, da er von Lady Macbeth auch im Libretto gegängelt wird. Stimmlich bleibt er farblos, zu leicht und hell, zu wenig böse und Angst einflößend sein Gesang. Tareq Nazmi steuert als Banco eine gefühlvolle Arie an seinen Sohn gerichtet. Charles Castronovo ist ein wenig strahlender Macduff als Retter vom blutrünstigem Despoten. Die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor kann in mehreren Rollen als grosses harmonisches Klanggebäude beeindrucken, gut vorbereitet von Alan Woodbridge.

Viel Beifall und hervorgehobener Jubel für Asmik Grigorian 

Dr. Helmut Pitsch

Copyright Ruth Walz

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