Sakrale Klänge in erlesenster Chorkunst und historischer Aufführungspraxis in Salzburg

Xl_marcoborrelli_070625_05511 © Marco Borelli

Claudio Monteverdi Marienvesper Salzburger Pfingstfestspiele 7.6.2025

Sakrale Klänge in erlesenster Chorkunst und historischer Aufführungspraxis in Salzburg

Bevor die Pfingstfestspiele in Salzburg mit Claudio Monteverdis monumentalem Werk der Vespro della Beata Vergine langläufig als Marienvesper bekannt fortgesetzt wird, kommt mit dem A Capella Chorwerk Venezianischer Morgen von Bruno Mantovani ein zeitgenössischer Komponist zur Aufführung. Das Stück mit Texten von Rainer Maria Rilke wurde erst vor kurzem, am 14.März 2025 in der Oper Monte Carlo als Auftraggeberin neben den Salzburger Festspielen uraufgeführt.

Der französische Komponist, 1974 geboren, will die Auftragsarbeit bewusst als Gegenstück zu dem für die Musikgeschichte so bedeutendem Opus von Monteverdi stellen. Er ist Professor am renommierten Pariser Konservatorium und auch als Dirigent tätig. In seinem Stil tritt seine Verhaftung mit der klassischen Kompositionslehre hervor, die er in eine moderne Klangwelt überträgt. Damit stellt er den Il Canto di Orfeo in der Darbietung des Werkes ohne Orchesterbegleitung vor eine große Herausforderung. Für Anhänger von A Capella Werken ist die Umsetzung ein wahrlich spannendes und eindrucksvolles Erlebnis. Ein gemischter Doppelchor steht sich gegenüber und durchmischt sich immer wieder.. Die zwangig Sänger und Sängerinnen sind Experten für alte sowie zeitgenössische Musik und jeder und jede kann und tritt auch als Solist auf. Die textliche Umsetzung ist brüchig, zumeist werden die Vokale ausgedehnt auf einzelnen Tönen gehalten und wie im Widerhall durch die Lagen wie auch die beiden Chöre durchgereicht. Höchste Präzision und Intonationssicherheit sind gefordert, um die Töne richtig anzusetzen und zu halten und so die Polyphonie gewollt auszureizen.

Jacopo Facchini hat die Chorsänger ausgezeichnet vorbereitet und auch die Stimmverteilungen bei den zahlreichen Soli bestens vorgenommen. Ohne Pause wird im Anschluss das epochale wie monumentale Chorwerk Monteverdis vorgetragen und anschaulich die Klangwelt gegenübergestellt, wie auch deren Nähe hörbar. Mit seiner Marienvesper errang der in Cremona geborene Monteverdi Anerkennung und die begehrte Stelle des Kapellmeisters am Markusdom in Venedig, die er über 30 Jahre ausübt. Die Dauer des Werkes mit über 90 Minuten sprang den Rahmen der üblichen Abendgesänge, wie auch dessen Inhalt. Mit einer Einführung, fünf Psalmen, einer Marienhymne und einem Magnificat setzt er neue Maßstäbe wie auch in der Vertonung der Gesänge. Er nutzt den üblichen Wechselgesang aber er setzt diesen sehr vielfältig ein und erweitert die Polyphonie. Auch in der orchestralen Begleitung erweitert er üppig den Einsatz der Instrumente und integriert auch diese in das Wechselspiel der Stimmen und Chöre.

Das Werk ist nur in der damals üblichen Form der Einzelstimmen ohne Takt überliefert. So ist eine Aufführung des wegweisenden Werkes eine gestalterische Aufgabe und besonders für Spezialisten der alten Musik und Kenner der historischen Aufführungspraxis eine beliebte Demonstration ihrer Arbeit. Als solcher Könner genießt auch Gianluca Capuano einen anerkannten Ruf, wie auch seine Les Musicien du Prince Monaco, mit denen er viele klassische Frühwerke erfolgreich bearbeitet hat. Auch Il Canto Di Orfeo wurde von ihm 2005 in seiner Heimatstadt Mailand gegründet.

Allen Mitwirkenden gelingt im Zusammenspiel und -wirken eine eindrucksvolle bewegende Interpretation. Auf höchstem Niveau wird musiziert, in bestem Gleichklang gesungen und vokalisiert. Weich und abgedunkelt die Aussprache, zart und wohlgeformt bis in die feinen Piani der Ton geführt. Durch Positionswechsel der Sänger auch außerhalb des großen Saales des Mozarteums werden weitere Klangeffekte gefühlvoll erzeugt. Capuano zeigt in Führung von Chor und Orchester souveräne Gestaltungskraft, kleine Ungereimtheiten sind angesichts der Größe und Dauer des Werkes zuvernachlässigen.

Das Publikum zeigt sich tief bewegt und angesprochen. Langsam schwellt der kräftige Begeisterungsjubel an, der mit einer kleinen Zugabe belohnt wird.

Dr. Helmut Pitsch

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