Peeping Tom - Erfolgreiches Gastspiel mit progressivem Tanztheater in München

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Gastspiel Peeping Tom Ballettwoche Staatsballett München 14.4.2024

Peeping Tom - Erfolgreiches Gastspiel mit progressivem Tanztheater in München

Peeping Tom zu deutsch "Voyeur oder Spanner" ist im angelsächsischen ein vielfach gebrauchtes Synonym und Eigenname für u a eine Rockband, ein Filmtitel, Songtitel und eben auch eine belgische Tanzcompagnie. Sie wurde 2000 von den Tänzern Gabriela Carrizo und Frank Chartier gegründet. Die beiden schufen seitdem mehrere Tanzprojekte als Gesamtkunstwerk als sie sowohl für Choreografie, Bühne, Licht und Musik sich verantwortlich zeichnen. 2021 erarbeiten sie für das Nederlands Dans Theater die Produktion Triptych, welche pandemiebedingt in Sevilla uraufgeführt wurde.

Nun gibt die Compagnie ihr Gastspiel auf der Bühne des Nationaltheaters mit dieser erfolgreichen Schöpfung. Die Compagnie beeindruckt mit ihrer „Bewegungssprache mit Sogpotential“, die die „Möglichkeiten und Grenzen des Körperlichen auslotet“ ist im Programmheft anschaulich vermerkt. Die acht Tänzerinnen und Tänzer faszinieren mit ihren akrobatischen zirkusreifen Figuren und Pas de deux. Trotz abstrakter Gesten werden Emotionen, Verlangen, Gefühle erkennbar gemacht und - wie richtig vermerkt - ziehen den Betrachter in den Bann. Sie vollbringen schier Unmögliches mit ihren vollelastischen, dehn- und biegbaren Körpern. Dabei fügt sich alles harmonisch zusammen. Jedes Detail gehört dazu und ist nötig, nichts ist zuviel oder überzogen, alles bekommt eine Aussage und es lohnt sich aufmerksamst allem zu folgen, was sich auf der Bühne in gemäßigtem Tempo aber trotzdem sehr schnell ablaufend geschieht.

Die Hintergrundgeschichte eines Mannes auf einem Ozeandampfer verknüpft die reale und eine irreale Welt, surreale Bilder entstehen in einer Vielfalt an Bewegungen, Illusionen und Metaphern treffen aufeinander. Man erinnert sich an Ausschnitte berühmter Gemälde des Belgiers Hieronymus Bosch, die vor einem zu Leben erweckt werden. The missing door, the lost room, the hidden floor sind die drei Teile der Trilogie passend surreal tituliert. Das Bühnenbild führt den Betrachter. Zwei holzvertäfelte Wände im rechten Winkel bilden einen Raum mit vielen Türen, aber eben eine zu wenig um der Trostlosigkeit des Raumes zu entfliehen, düster und schmucklos ist der verlorene Raum, im verborgenen Stock erleben wir ein apokalyptisches Ende im Untergeschoss oder schon Untergrund. Im Hintergrund tobt der Ozean per Video gegen die Scheibe und Wasser dringt ein.

Die Geräuschkulisse ist minimalistisch monoton fliessend und den Hörer geschickt nahezu gefällig umspielend. Babyschreie oder Vogelgezwitscher unterbrechen die düsterne Grundstimmung.

Die Zustimmung für diesen außergewöhnlichen Abend zwischen Tanztheater und Illusion ist begeistert groß, auch wenn manch einer sich mehr Tanz gewünscht hätte.

Dr. Helmut Pitsch

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