Orff Tage München führt mit einer poppigen Uraufführung tief in das Crossover

Xl_42bf44c6-229a-46ef-8ac8-da157833237d © Helmut Pitsch

Orff n‘ guitar Bayerische Philharmonie 3.10.2022

Orff Tage München führt mit einer poppigen Uraufführung tief in das Crossover

1994 wurde die Bayerische Philharmonie gegründet zur Förderung von Musikern mit dem Ziel, die Grundlagen symphonischen Musizierens zu vermitteln und professionell zu fördern. Der Verein fördert Breitenbildung, veranstaltet Konzerte mit Orchester, Chor und Kammerensembles. Seit 15 Jahren hat sich die Bayerische Philharmonie auch dem Erbe Carl Orffs verschrieben und veranstaltet alljährlich Orff Tage.

Es ist Tradition Werke des bedeutenden bayerischen Komponisten allen voran seine Carmina Burana mit zeitgenössischen Musikströmungen gegenüber bzw zusammen zu stellen. Dazu werden immer wieder Künstler aus verschiedenen Genres wie Jazz, Beat, Boogie oder Instrumentalisten eingeladen. Dieses Jahr kommt es zur Uraufführung einer Komposition des österreichischen Komponisten und Gitarristen Severin Trogbacher. Der 39 jährige Musiker hat als Sidemusikern mit Crossover Künstlern wie Hubert von Goisern, Konstantin Wecker und für den Eurovision Song Contest mit Conchita Wurst gearbeitet, welchen diese 2014 gewann. Vermehrt tritt er mit eigenen Kompositionen auf.

Für die Bayerische Philharmonie hat er nach eigenen Erläuterungen ein sehr persönliches Stück zur aktuellen geopolitischen Situation geschrieben. Mit dem Titel Wide Open wirbt er für Offenheit, für eine heile Welt und gegen den Krieg. Das achtteilige Werk ist für E Gitarre, E Bass, sieben Schlagzeuger, zwei Klavier und Streichquartett, sowie Chor und drei Gesangssolisten geschrieben. Symphonisch getragen von einem schleppenden Rhythmus eröffnet die Ouvertüre. Die weiteren Sätze sind geprägt von harmonischen Spielereien, statischen Rhythmen und nähern sich dem gefühlsbetonten expressiven Pop. Eine Rappereinlage sowie ein technisch anspruchsvolles Gitarrensolo gehören ebenso dazu wie ein feierliches gross angelegtes Chorfinale als Ode an die Hoffnung. Das Werk ist gefällig, wirkungsvoll, anspruchsvoll in der Umsetzung, enthält aber wenig individuell geprägten Kompositionsstil. Harmoniebögen, in der Tonleiter modulierte Steigerungen und breite Wechsel zwischen Dur und Moll mit tragenden Rhythmen in den verschiedenen Schlagzeugen sind seine wesentlichen Werkzeuge zur erfüllten Gefühlsebenen.

Zum besseren Verständnis wird dem Publikum das Werk mehrmals zwischen zwei Teilen breit erläutert, leider wird dabei die Wirkung und die Spannung unterbrochen. Immer wieder muss der Zuhörer sich wieder einfinden. Es ist fraglich ob diese Aufführungspraxis zielführend ist. Das Publikum zeigt sich vom Werk angetan und feiert den Komponisten.

Höhepunkt des Abends ist aber die gekonnte, mit viel Engagement vorgestellte Interpretation der Carmina Burana von Carl Orff mit zwei Klavieren und sechs Schlagzeugern zu Beginn. Beeindruckend ist die Souveränität des Laienchores, der die strengen gehetzten Rhythmen mühelos meistert, klar und verständlich bleibt und in der Intonation einheitlich agiert.

Mark Mast ist Intendant und Chefdirigent der Bayerischen Philharmonie. Sein Herzblut für die Arbeit mit den Musikern ist zu spüren. Seine Freude und Begeisterung überträgt sich auf die Musiker und Choristen, die mit viel Engagement und heller Aufmerksamkeit folgen. Da gehört auch ein Schuss Komik in der Tavernenszene zur Auflockerung dazu. Die Solisten fügen sich homogen in die Aufführung ein. Julia Duscher schraubt ihren eleganten Sopran überzeugend in feinste Spitzentöne, Thomas Gropper erfreut nuanciert in vielen Klangfarben und Gustavo Martin Sanchez zeigt sein komisches Talent mit sicherem Tenor.

Viel Beifall und Anerkennung für alle Beteiligten.

Dr. Helmut Pitsch

| Drucken

Kommentare

Loading