Oper live in Teneriffa Lucrezia Borgia wirkt im Schlachthof

Xl_92d9ddbb-a461-4f5d-9cc6-0a3df62263df © Helmut Pitsch

Blutverschmiert sind die gekachelten Wände, das Bühnenbild von Andrea Belli erinnert an einen Schlachthof. Blutrünstig soll sie gewesen sein, die machtbesessene Lucrezia Borgia, die Gegner vergiftete oder umbrachte, wie es die Freunde des Soldaten Gennaro berichten. Der hat sich in die feine Dame beim ersten Anblick verliebt und erfährt am Ende, dass er ihr Sohn ist, bevor er durch ihr Gift verstirbt. So gesehen im Auditorio de Santa Cruz. Glücklicherweise gibt es hier noch Oper live zu erleben, während am Europäischen Kontinent die Theater und Opernhäuser geschlossen sind. 2003 wurde das prachtvolle Opernhaus eröffnet. Der berühmte spanische Architekt Santiago Calatrava schuf ein optisch aussergewöhnliches und beeindruckendes Gebäude, das mittlerweile zum Wahrzeichen der Stadt wurde. Es mutet wie ein grosses Schiff das von einem majestätischen Bogen eingerahmt wird. Das Erscheinungsbild erinnert an die Oper von Valencia, die auch von ihm gestaltet wurde. Drinnen können in zwei Konzertsälen 1700 bzw 400 Personen vielseitigen Spektakeln folgen. Auch ist das Gebäude Heimat des Orquestre Sinfonica de Tenerife, das als auch gereiftes Opernorchester in dieser Aufführung von Gaetano Donizettis Oper Lucrezia Borgia fungiert.

Am Pult steht Andriy Yurkevych, seinerseits musikalischer Direktor des Teatro Welki in Warschau. Mit Bedacht führt er das Orchester, und schafft in Tempi und Nuancen ein lebendiges Musiktheater. Den Sängern verschafft er Raum und die nötigen Volumen an orchestraler Begleitung. Das Orchester folgt ihm aufmerksam und zeigt seine Qualitäten. Silvia Paoli führte Regie in dieser Inszenierung, die in Kooperation mit den Opernhäusern von Sevilla, Oviedo und Bologna entstand. Ort und Handlung der Oper sind Venedig und Ferrara im 16. Jahrhundert, hier aber in die Jetztzeit adaptiert. Die jungen Soldaten sind in grau schwarze Uniformen gesteckt und amüsieren sich zumeist etwas ungelenkig mit leichtbekleideten Damen. Diese werden auch noch an die Schlachtbahnen gehängt. Einfach ist der Szenenwandel, indem mehrmals eine lange Tafel oder ein Sofa auf die Bühne gerollt wird. Rote Vorhänge decken ab und an Waschräume im Hintergrund zu. Statisten und der Chor wirken pandemiebedingt mit Mund Nasenmaske mit.

In der Personenregie vermisst der Betrachter die innigen Momente der Freundschaft zwischen Gennaro und Maffio Orsini oder seiner angebetenen Mutter Lucrezia Borgia. Die Titelrolle gestaltet mit grosser Präsenz Yolanda Auyanet. Die Sopranistin ist in Las Palmas geboren. Klar und konzentriert widmet sie sich den Koloraturen, die ekstatischen Sprünge in die Höhe lassen die Leichtigkeit vermissen, gelingen aber sicher. Ihre Stimme ist weich eingebettet und cantabel in der Stimmführung. Hell, jugendlich und frisch gestaltet Antonino Siragusa Ihren Sohn Gennaro. Sein Tenor versprüht Wärme in sattem Timbre. Lang und leicht zieht er seine Melodien und schmückt Legati fein aus. Ausdrucksstark mimt Na'ama Goldman seinen Freund Maffio Orsini. Sie passt mit feingliedrigen Gestalt, ihrem kräftigen und doch sehr feinen Mezzo gut in die Hosenrolle. Simone Alberghini zeigt als Herzog von Ferrara und Gatte Lucrezias wenig herrschaftliches und kann mit seinem sonoren Bass und schönem breiten Gesang sich nicht gegen seine Gattin durchsetzen. Jorge Franco als Jeppo Liverotto, Pablo Gálvez als Don Aposto Gazella, Daniele Terenzi als Ascanio Petrucci sowie David Astorga als Oloferno Vitellozzo runden die durchgehend sehr gute sängerische Leistung ab. Coronabedingt ist die Besucherzahl limitiert, aber zumindest können hungrige Opernliebhaber hier szenische Aufführungen von hoher Qualität erleben. Das begeisterte Publikum bedankt sich herzlich mit standing ovation.

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