Musikalische Geschichten vom Feinsten Oslo Philharmonic in Hamburg

Xl_2eb8ffbf-93a4-4579-bb12-6d24ce691f96 © Selina Demtröder

Oslo Philharmonic Klaus Mäkelä Elbphilharmonie 1.2.2024

Musikalische Geschichten vom Feinsten Oslo Philharmonic in Hamburg

Der zweite Konzertabend in der Hamburger Elbphilharmonie des Oslo Philharmonic unter seinem Chefdirigenten Klaus Mäkelä ist vordergründig der symphonischen Dichtung gewidmet. Eröffnet wird mit der sinfonischen Fantasie „Der Sturm„ nach William Shakespeare op 18 von Peter I. Tschaikowski. Mäkela zeigt sich als wahrer Erzähler der Geschichte von Prospero und seiner Tochter Miranda, die auf eine Insel verbannt sind. Ein herbeigezauberter Sturm soll Rache an seinem Bruder üben, aber es endet in einer leidenschaftlichen Beziehung seiner Tochter. Musikalisch lässt der junge Finne all dies mit seinem bestens vorbereiteten Orchester hören. Da fegt wahrhaft ein Orkan mit furchterregender Geschwindigkeit durch die Musiker. Abrupt herrscht Ruhe, leidenschaftlich romantische Melodien spinnt der junge Dirigent zu wahren Gefühlswelten, nochmals wird es ungemütlich stürmisch bevor das Ende leicht schwebend eintritt. Mäkela bietet viel poetische Substanz und farbenreich ist sein Erzählstil.

Im folgenden Konzert für Violincello und Orchester von Henri Dutilleux besteht auch ein literarischer Bezug zu Charles Beaudelaire. Die Satzbezeichnungen stammen aus der Gedichtsammlung Les fleur du mal (die Blumen des Bösen). Dazu gibt der 2013 verstorbene Komponist dem Werk den Titel Tout un monde lontain - eine ganze entlegene Welt. Das 1967-70 entstandene Werk wird vom norwegischen Cellisten Truls Mork einfühlsam mit souveräner Spieltechnik vorgestellt. Mit seinem besonders warm und samten klingenden Violoncello gestaltet er das moderne aber doch klassisch anmutende Konzert, das Elemente verschiedener Stilrichtungen enthält, Nuanciert bildet er die Satzbezeichnungen erahnbar ab. Enigma ist flexibel mystisch offen, Regard bleibt ruhig beobachtend, Houles lässt Wogen sich aufbauen und gleiten. In Miroirs und im finalen Hymne treten elegische meditative Breite auf. Das Orchester begleitet gut einstudiert passend zurückhaltend. Für den herzlichen Beifall bedankt sich der Solist mit einer melancholischen in sich eingekehrten Zugabe.

Mit Nikolai Rimski Korsakow und seiner Sinfonische Suite op 35 Scheherazade folgt eine der wohl ausgeprägtesten literatischen Vertonungen. Die Geschichten aus 1001 Nacht werden zum aufregenden Hörerlebnis. Scheherazade, in der meisterhaft innig aufspielenden Solovioline verkörpert, rettet ihr Leben gegenüber dem mächtigen Sultan, im Orchestertutti 0berladen charakterisiert, durch ihre phantasievollen nicht enden wollenden Erzählungen. Auch hier wiederum beeindruckt die Klarheit, die frech entstaubte jugendlich rebellische Interpretation des jungen Finnen. Die Not der tapferen Sklavin, Unmut und Ungeduld des Sultan aber genauso dessen Verlangen nach mehr Geschichten wird zu einem spannenden, unheimlich packenden Dialog. Stimmungen und Gefühle der Handelnden zum einen, Inhalte der Märchen, alles wird herausgearbeitet, bekommt ein musikalisches Bild, wird in Tonsprache ausgekleidet.

Die Begeisterung des Publikums kennt kein Ende und entlockt trotz des fortgeschrittenen Abends noch eine Zugabe, ein Tanz von Peter I. Tschaikowski.

Dr. Helmut Pitsch

Copyright Selina Demtröder

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading