München - Fauré Penelope: Im Spiel der Langsamkeit gefangen

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Gabriel Faure Penelope Bayerische Staatsoper 23.7.2025

München - Fauré Penelope: Im Spiel der Langsamkeit gefangen

Gabriel Faure wird oft als verkannter oder unterbewerteter Komponist am Ende der Romantik gehandelt. Er war Schüler Camille Saint Saens, Zeitgenosse Debussys, Direktor am Conservatorium Paris und Lehrer Maurice Ravels oder George Enescu, dessen einzige Oper Oedipe derzeit in Bregenz gespielt wird. Auch Faure komponierte nur eine Oper Penelope, begann das Werk im Alter von 67 Jahren 1907, das Libretto stammt vom jungen Rene Fauchois, auf Vorlage Homers Odyssee. 1913 fand die Uraufführung in Monte Carlo statt.

Faure ist ein Klassizist und steht in der Tradition Wagners, wobei er seine eigenen Stilmerkmale hat. Ein musikalisches Kontinuum entwickelt Athmosphäre, schillende Farben funkeln frei von spektakulären Effekten. Sein Wagnerismus kennt auch Leitmotive, die aber weniger prägend konstruiert werden. Penelope ist durchkomponiert, wobei Faure achtet, die Lyrik des französischen Textes leicht verständlich zu halten. Die Musik fließt ohne Kontraste, behält aber einen Spannungsbogen mit sanften Steigerungen.

Die Geschichte von Homers Helden Odysseus ist bestens bekannt, Faure und Fauchois konzentrieren sich auf die letzten Teile und stellen das Schicksal dessen Gattin Penelope in den Mittelpunkt. 20 Jahre wartet sie auf die Rückkehr des Gatten, hält heldenhaft und listig die Freier auf Abstand, indem sie unermüdlich das Leichentuch für den Schwiegervater König Laerte webt und immer wieder auftrennt. Odysseus/ Ulisse kommt zurück, hält aber zu Beginn seine Identität unter Verschluss, nur wenige sind eingeweiht und mit Hilfe der Hirten nimmt er Rache an den hochmütigen Freiern.

Alljährlich beinhalten die Münchner Opernfestspiele zwei Opern Neuinszenierungen. Für die diesjährige Opernrarität Penelope wurde Andrea Breth mit der Regie beauftragt. Sie übernimmt die Langsamkeit der Partitur, die Konstanz, das Kontinuum des atmosphärischen musikalischen Erzählstils und wandelt diese in meditative Langsamkeit und Starre auf der Bühne um. Statik und wenige Bewegungen in Zeitlupe dehnen die Handlung gefühlt. Raimund Orfeo Voigt kreiert hierzu eine leere Bühne hell ausgeleuchtet mit Torsos griechischer Statuen. Ein Band von abgetrennten Guckkästen werden von der Seite hereingeschoben und bilden Szenen in einzelnen Kammern des Palastes ab, die zum Teil auch gleichzeitig stattfinden.

Wenige Berührungen oder interpersoneller Austausch findet statt. Wie so oft in ihren Arbeiten bildet Breth auch hier die Charaktre Ulisse und Penelope in mehreren Doubles ab, deren konzeptioneller Sinn nicht wirklich durchdringt. Bewegt sich die Musik zu dramatischen Steigerungen, folgt die Regie wenig. So bleibt insbesondere die gefühlsbetonte Schlusszene der martialisch blutigen Befreiung Penelopes von den Freiern und die Erlösung des langen Wartens statisch handlungsschwach. Ursula Renzenbrink steckt die Herren in helle Anzüge, die Damen in strenge Rock und Bluse-Kombinationen, die höfische Tristesse vermittelnd.

Susanna Mälkki widmet sich eindringlich der gefühlvollen musikalischen Gestaltung. Die Finnin führt sehr präsent das Bayerische Staatsorchester und entlockt ein transparent in vielen Farben erscheinende Romantik. Der Klangkörper ist durchgehend bestens in Lautstärke und Tempo dosiert. So unterstützt sie das Sängerensemble, das sich in diese selten gespielte Oper eingearbeitet-hat - es ist dies eine Erstaufführung in München. Vor allem die Titelrolle ist herausfordernd, die einen dramatischer Sopran mit großem Tonumfang erfordert. Die junge Russin Victoria Karkacheva bewältigt die Partie eindrucksvoll. Sehr ausgeglichen und leicht lebt sie ihren Schmerz, verbleibt ruhig nahezu stoisch in der Hoffnung auf die Rückkehr und erlebt diese wiederum stigmatisch. Dabei bleibt ihre Stimme strahlend hell, schraubt sich in hohe Lagen ohne Druck und akklamiert im Weich fließenden Sprechgesang ihre Gedanken. Brandon Jovanovich ist ein ebenso ausgeglichener sauber intonierender Ulysse der auch darstellerisch das Rollenbild ausfüllt. Nuanciert füllt er dieses vom gefügigen Bettler, der sich devot sensibel an Penelope herantastet und ihr Vertrauen gewinnt. Daneben schmiedet er als heldenreichee Feldherr seine Rache.

In den zahlreichen Nebenrollen erfreut als Euryclee Rinat Shaham und mit Loic Felix als Antinoüs lässt ein höhensicherer, hell lyrischer Tenor aufhorchen.

Viel Beifall im ausverkauften Prinzregententheater, das hier gut als Aufführungsort passt.

Dr. Helmut Pitsch

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