Mozartwoche - Thamos ein effekthaschendes Potpourri vom genialen Mozart begleitet

Xl_mozartwoche_thamos_2019_c_matthias_baus_0020 © Mozartwoche Mathias

Die Künstlergruppe Fura dels Baus wurde vor nunmehr 40 Jahren 1979 in Katalonien gegründet, um neue Wege in der Theaterregie zu beschreiten. Dabei versucht das Kollektiv Traditionelles mit Neuartigem in Bewegung, Musik, Materialien und neuen Technologien zu verbinden. Mit der Realisierung von Grossprojekten, besser gesagt grossen Spektakeln haben sich die Künstler Ansehen und Reputation beim Publikum erarbeitet.

 

Ganz nach diesem Schema ist auch die Regie zur einzigen Bühnenmusik von Wolfgang Amadeus Mozart aufgezogen. Mit 17 Jahren erhielt er den Auftrag, zu dem Schauspiel Thamos, König in Ägypten von Tobias Philipp Freiherr von Gebler eine Bühnenmusik zu verfassen. Das Drama beschreibt den Sieg von Liebe und Vernunft umgeben von Machtkampf und Intrige. Versteckt unter falscher Identität lebt der abgesetzte König Menes in seiner Stadt Heliopolis, seine Tochter Tharsis lebt ebenso unter anderer Identität in der Stadt und ist in Thamos verliebt, der zum neuen König gekrönt werden soll. Pheron und Mirza sind deren Gegenspieler, die selbst um die Macht buhlen. Menes gibt sich am Ende zu erkennen und deckt die Intrige der beiden auf. Pheron erhält die göttliche Strafe und Mirza sucht den Freitod. Ein klassischer Stoff, der den Geist der Aufklärung atmet. Der Sieg der Vernunft, der Sieg des Hellen über das Dunkle. 

 

Die Inszenierung der Katalanen setzt sich intensiv mit dem Gedankengut der Aufklärung auseinander und spinnt den philosophischen Faden in Richtung Weltpolitik weiter. Carlus Pedrussa kreiert aus dem Stoff eine dreiteilige gesellschaftskritische Abhandlung gepaart mit dem Schicksal der Hauptdarsteller. Sie kleiden das Werk in drei Teile mit vielsagenden Titeln wie "Neue Form der Sklaverei", "freie Energie für unsere Autokonfiguration" und "das androgyne Kollektiv" überschrieben. Es ist beeindruckend, wie viel Phantasie und Gestaltungsideen der Gruppe immer wieder einfallen. Doch es dominiert der optische Effekt über dem gestalterisch Inhaltlichen. Eine Reizüberflutung ermüdet den Betrachter, die Moral der Geschichte, die beabsichtige Botschaft des Regieteams erschliesst sich nicht.

 

Die Felsenreitschule eignet sich wieder bestens für eine rasche Abfolge von Effekten. Immer wieder reiht sich der Chor in die, den Bühnenraum umgebenen Kolonnaden. Ebenso nutzen Artisten die offenen Flächen für ihre Einsätze. Einmal wirbeln sie an Seilen gehängt durch die Luft, dann wiederum klettern sie wie Echsen die Wände hoch. Von vielem und für jeden etwas ist in diesem Potpourri aus Zirkus, Theaterspiel, Oper, Video und Feuerwerk dabei. Die Bühne und Szene gestaltete Roland Obletter, die Videoinstallationen Franc Aleu. Chu Uroz steckt Chor und Sänger in lange Mönchsgewänder, Thamos und Tharsis in herrschaftliche goldene Talare.

 

Musikalisch werden der ursprünglichen Komposition weitere Werke von Mozart aus der Zauberflöte und Konzertarien hinzugefügt, aber auch elektronische Musikelemente werden als Zwischenstücke finden Eingang. Rene Pape brilliert mit zwei Arien des Sarastro, seinen weichen Bass voll aussingend. Die Ägypterin Fatma Said taucht zur Zeit an mehreren Bühnen und meistert ihre Arien in reiner, silbern klingender Stimme, die Koloraturen erklimmt sie sicher und zeigt ausreichend Reserven in Höhe und Kraft. Auch im Vortrag in arabischer Sprache auf der Balustrade im Zuschauerraum wandelnd zeigt Ihre Bühnenbegabung. Wenig Eindruck hinterlässt Nutthaporn Thammathi, der hölzern und stimmlich eng als Titelheld agiert. Mehr Gespür für die Klassik eines Mozarts zeigt Alondra de la Para am Pult der Camerata Salzburg. Unbekümmert, angriffslustig aber mit der nötigen Ehrfurcht geht sie an des Werk des jungen Mozart, der hier in seiner Ausdrucksform rebellisch und ausgesprochen dramatisch wirkt. Ein echter Gewinn, dieses fragmentarische Werk kennenzulernen. Die Chorpassagen nimmt die junge Dirigentin sakral und hoheitsvoll. Der Bachchor Salzburg ist von Alois Glassner gut vorbereitet und in der Ausdrucksweise und Textgestaltung gut vorbereitet, Vokale und Konsonanten erscheinen gleichlautend und exakt intoniert.

 

Am Ende grosse Begeisterung bei den zahlreichen jungen Zuhörern und Zuschauern, das traditionelle Mozartwoche Publikum zeigt Berührungsprobleme mit der massiven Bühneninterpretation des unbekannten Mozartwerkes, zollt aber deutlich Respekt allen Beteiligten. Insgesamt eine Aufführung mit viel Unterhaltungswert und höchster musikalischer Qualität.

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