Metzmacher - DiDonato höchste Musikalität und Akribie in der Deutung

Xl_252edf6e-c948-43cb-81bb-e7c731a573e8 © Helmut Pitsch

Wiener Symphoniker Musikverein Wien 10.11.2023

Metzmacher - DiDonato höchste Musikalität und Akribie in der Deutung

Eine Programmzusammenstellung, durchaus mit bekannten musikalischen Kostbarkeiten, aber zumeist selten aufgeführt, lässt einen außergewöhnlichen Abend im goldenen Saal des Wiener Musikverein erwarten. Am Pult der Wiener Symphoniker steht Ingo Metzmacher, der für seinen Einsatz für die zeitgenössische Musik, vor allem der Opernliteratur bekannt und gefeiert wird. Hier eröffnen die beiden den Konzertabend mit dem Wiener Klassiker Franz Schubert. Seine Entr‘actes und Ballettmusik Nr.2 aus Rosamunde D 796 steht am Beginn der Romantik. Schubert hat zahlreiche Versuche in der Bühnenmusik geführt, als Opernkomponist konnte er sich keinen Namen machen. Umso mehr ist seine Ballettmusik zu Rosamunde im Konzertsaal erfolgreich und mit ihren zündenden Rhytmen und eingängen Melodien ein Klassikhit. Aus der Haltung und Mimik des Dirigenten ist sein Anspruch an die Musiker erkennbar und im Ergebnis bestens hörbar. Mit Nachdruck kitzelt er aus dem Klangkörper eine schwungvoll heitere wie spannungsgeladene Interpretation, die in den tänzerischen Rhythmen mitreißt und in der äußerst gefeilten Melodieführung romantisch berührt. Jedes Stück des vierteiligen Werkes bekommt seine Identität und Originalität.

Für Gustav Mahler und dessen Rückertlieder in der Orchesterfassung von Max Puttmann wurde Joyce DiDonato als Solistin geladen. Die Amerikaner tritt nicht allzuoft in Europa auf. Mit ihrer Mezzopranstimme umspannt sie ein Repertoire über die gesamte Musikgeschichte und besticht mit intensiven ausdrucksstarken vielseitigen Darstellungen. Nach kleinen Störungen, die auch zum höflichen Rauswurf eines Besuchers führten, konnte die souveräne Künstlerin ihren Vortrag beginnen. Im ersten Lied "Blicke mir nicht in die Lieder" wirkt scheinbar die Unannehmlichkeit nach und der versteckte Humor will nicht zünden. Dafür entfaltet sie im folgenden „Ich atmet einen linden Duft“ eine sprühende transparente luftig lichte Frühlingswelt, Kraftvoll mit sonorer Größe durchdringt die Sängerin in „Liebst Du um Schönheit“ die Worte des deutschen Romantikers. In „Um Mitternacht“ verdunkelt sich ihre Stimme und schafft wieder eine Gefühlswelt, die unter die Haut geht um im Schlusslied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ eine berührende fragil geschmiedete Abschiedsstimmung aufkommen zu lassen, die den andächtig lauschenden Saal erfüllt.

Dazu liefert Ingo Metzmacher mit den Symphonikern einen vielschichtigen empfindsamen subtil untermalenden Klangteppich. Großer Beifall vor der Pause vom begeisterten Publikum.

Zum Abschluss erlebt das Publikum im nichtvausverkauften Haus eine umwerfende Aufführung von Max Regers Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op 132. Wieder zeigt der Dirigent seinen Anspruch an Perfektion. Nachdem endlich Ruhe im Saal nach mehreren Anläufen herrscht, läuft Metzmacher zu künstlerischer Höchstform. Er entwickelt mit dem Orchester eine allumfassende Klangwelt in der jedes Instrument hörbar bleibt und bleiben muss, um die Genialität des Werkes auszuschöpfen. Der Spätromantiker Reger hält zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der Tradition und den überlieferten Kompositionslehren fest. Er ist ein Meister der Kontrapunktik und Polyphonie. Dies zeigt auch dieses, eines seiner bedeutendsten Orchesterwerke. Er vollendete das Opus 1914 zwei Jahre vor seinem frühem Tod. Ideenreich gestaltet er seine Variationen über das Thema des ersten Satzes aus Mozarts Klaviersonate A Dur KV 331, die vielen im Saal noch als Titelmelodie des „Betthupferl“ aus dem Fernsehen bekannt ist. Die fein ausgetüftelte Orchestrierung trägt zur Qualität des Werkes bei. Mehrmals zeigt Metzmacher den Rhythmus an, bevor er die Orchestermusiker in die große Fuge einsteigen lässt. Es entwickelt sich ein wahrer Strauss von Stimmen die verschlungen ineinander sich verweben und einem Höhepunkt zustreben, der sich dann strahlend entladet.

Großer Jubel und Zuspruch im Saal für diesen außergewöhnlichen und wie erwartet spannend vielfältigen Konzertabend.

Dr. Helmut Pitsch

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