Messias Ein Experiment das nicht überzeugt am Gärtnerplatz

Xl_img_1614 © Marie Louise Briane

Oratorien kamen als Alternative zur Oper in Mode, da in der Fastenzeit keine szenische Darstellung erlaubt waren. So nahm die Handlung in Wort und Musik Gestalt an. Georg Friedrich Händel widmete sich erst in späten Jahren diesem Genre. Er stand in seiner Gunst als Opernkomponist in einem aufreibenden Konflikt mit dem englischen Hof und so fand er hier einen schöpferischen Ausweg. Künstlerisch entwickelte er die Kunstform weiter, indem er italienische, deutsche und englische Einflüsse verwob. Sein Messias nimmt nochmals eine Sonderstellung ein. Texte aus dem altem und neuem Testament werden vertont ohne eine feste Rollenverteilung für die Solisten. So wird ein abstrakter Bezug zur Passion und zum Leiden Christi genommen. Die Uraufführung fand am 13. April 1742 in Dublin mit großem Erfolg statt.

Das Gärtnerplatztheater in München versucht in seiner ersten Premiere der neuen Spielzeit dieses bedeutende und beliebte Werk des Sachsen nun zur Oper in szenischer Umsetzung werden zu lassen. Ein Versuch, der immer wieder mit wechselndem Erfolg gelingt- auf Grund seiner Bekanntheit eine künstlerisches Begehren aber auch ein besonderes Wagnis. Torsten Fischer führt hier Regie und hat ein großes Team um sich geschart. Das Werk kürzt er, fügt dafür immer wieder gesprochene Texte aus dem Roman des Iren Colm Tolbins "Marias Testament" ein. So baut er eine fiktive Handlung auf. Zwischen Traum und Wirklichkeit reflektiert eine Mutter, Maria, den Lebensweg und das Leiden ihres Sohnes. Politische Konflikte, eine verrohende Gesellschaft und Chaos werden zu Botschaft stilisiert, aber diese kommt nicht an.

Die Schauspielerin Sandra Cervik rezitiert pathetisch und empathisch, setzt auf griechische Tragödie mit einem Schuss Belehrung. Mystisch klingt ihre kräftige dunkle Stimme. Auch das Ballettensemble des Hauses kommt bei Torsten Fischer zum Einsatz. Allen voran David Valencia, der Marias Sohn mit grosser Beweglichkeit und artistischen Verrenkungen, aber wenig tänzerischer Eleganz und Bewegung darstellt. Karl Alfred Schreiner, der Leiter des Ensembles macht die Choreografie. Weitere Mitglieder mimen das Volk, das sich zumeist banal herumschubst, gegenseitig mit brutalen Gesten zu Boden wirft und so den manipulierten Gemeinschaftssinn ausdrücken soll, fernab einer spürbaren Harmonie zur Musik. Besser ergeht es dem Chor, der bestens von Felix Meybier vorbereitet ist. Auch er muss viel auf der Bühne auf und ab oder hin und her marschieren, bekommt aber für die Einsätze mehr Ruhe und auf die Musik abgestimmte Gestik. Am Pult des Orchesters wagt Anthony Bramall keine Experimente und setzt auf einen klaren und präzisen Ton, hält ein gut singbares Tempo und spart auch nicht mit Kraft und Volumen. Sängerisch griff man auf einige Mitglieder des Hausensembles zurück. Jennifer O' Loughlin und Timos Sirlantzis überzeugen nicht als Oratoriensänger. Hervorzuheben ist Caspar Singh. Kurzfristig sprang der Tenor für Alexandros Tsilogiannis ein, der nur auf der Bühne spielte. Aus dem Graben steigt seine weiche lyrische Stimme leicht in jede Höhe und versiert intoniert er textsicher sauber. Ebenfalls beeindrucken Maria Celeng mit hellen höhensicheren Sopran und Dmitry Egorov als Countertenor. Die Personenregie zwingt die Sänger zu überzogenen Handeln und Gesten. Sie sind von dem überfrachteten Gesause und Gestoße auf der Bühne nicht ausgenommen.

Gestalterisch liefern noch grossformatige Videos von Raphael Kulig und Thomas Mahnecke ihren Beitrag. Vor Beginn schreiten Menschen dichtgedrängt monoton über einen Zebrastreifen, sichtlich unberührt von Ihrer Umgebung. Herbert Schäfer lässt die in vier grossen Treppen ansteigende Bühne bis auf ein Krankenbett im zweiten Teil leer. Das Premierenpublikum spendet ordentlichen Beifall, beim Regieteam wird mit Zustimmung vornehm gespart.

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