Mehr Siegfried weniger Action für Münchens Ring des Nibelung

Xl_img_1156 © Wilfried Hösl

Andreas Kriegenburg hat sich für seine Inszenierung des Siegfried viel einfallen lassen, mancherorts zu viel. So grenzt sein erster Akt in Mimes Schmiede an unnötigen Klamauk mit übertriebenem Treiben der zahlreichen Statisten. Menschliche Körper als formbare Masse sind Bühne gestalterisches Konzept. So bewegen sich eine Masse von Körpern mit schwingenden Armen während der Ouvertüre auf das Publikum zu. Ist das nun der furchtbare Wurm in seiner Höhle dessen Motiv die Musik durchdringt oder ist es schon die Feuersbrunst im Mimes Schmiedehöhle, die am Ende aus der Masse geformt wird. Mine sitzt unter dem Zeltdach, die Statisten wedeln mit Ästen und wähnen den tiefen Wald. Bund wird es dann beim Schmiedelied, wenn die Statisten wild herum hüpfen, am Blasebalg schaukeln, mit Pudelmütze den Herd formen, zur Sicherheit wird es noch auf den Rücken gemalt. So viel Getümmel ist in seiner Notwendigkeit zu hinterfragen und lenkt von der großen Leistung der Sänger ab. Besinnlicher und werktreuer geht es im zweiten und dritten Akt mit gelungenen Effekten zu. Erdas Auftritt mit kriechenden und zuckenden Statisten wie im Insektenhaufen Wird einprägsam und spannend - oder die Feuersbrunst am Walkürenfelsen mit seinen großflächigen durchsichtigen Plastikfolien. Der Betrachter kommt auf seine Kosten an diesem Abend aber er hört auch herrliche Musik, klar und transparent ausgestaltet im Orchestergraben. Kyrill Petrenko, der Hausherr und Liebling des Publikums, brilliert. Wohl gewählt aber anspruchsvoll sind seine Tempel. Er bleibt an den Instrumentalisten dran und ringt jedes Detail in der Partitur aus ihnen förmlich heraus. Über das Pult gelehnt spricht er jeden an. Warm, romantisch frisch und farbenreich bewegen wir uns im Wald und erleben die Begegnung Siegfrieds mit dem Waldvogel, der hier im Kleid mit Federfächern liebevoll auf der Bühne sichtbar ist. Brummig schwer und vollmundig dumpf Fafners Höhlenwelt, flackernd und silbrig glimmert der Feuerzauber. Göttlich versöhnend der verklärte Walkürenfels. Auch aus dem Orchester wird alles zum erlebbaren Bild gezeichnet, indem die Sänger, allensamt voraus der Held Siegfried einen packenden Abend gestalten. Stefan Vincke hält bis zum letzten Ton heldenhaft seine kraftvolle Stimme und schont sich nicht. Trocken und mit wenig Farbe ist seine Stimme undtelegt. Sicher trifft er die hohen Töne und meistert die umfangreichen Anforderungen, auch im Spiel ist er locker und jugendlich dabei. Egil Silins stellt sich im wacker als Einspringer für den erkrankten Wolfgang Koch als Wotan gegenüber. Hölzern im Spiel, trifft er den Tonfall für den müden gealterten Göttervater. Immer wieder braust er mächtig mit wohlgefüllter Stimme auf und zeigt sich facettenreich im Sprechgesang. Wolfgang Ablinger Sperrhacke ist ein eleganter nahezu philosophischer Mime, wenig leidvoll und zwergenhaft. Stimmlich gut ausgefüllt, bleibt er hell und freundlich ohne boshafte Verschlagenheit. Kraftstrotzend und selbstherrlich männlich John Lundgren wieder als Alberich mit seiner ausdrucksstarken, breit geformten Stimme. Ain Anger Überzeugt mit tiefer voluminöser Bassstimme als Fafner. Dieser Wurm kann Furcht einflößen. Präsent und kraftvoll erwacht die geküsste Brünnhilde. Nina Stemme, mit blonden Lockenmähne, steht ebenbürtig ihrem Helden und Erwecker gegenüber, mahnend und lachend, kämpfend und liebend. Eine Paraderolle derzeit für die Schwedin. Jubel und Begeisterung beim Publikum.

Dr. Helmut Pitsch

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