Mäkela stellt sein Können in Hamburg eindrucksvoll unter Beweis

Xl_a2d015b1-5491-4ce4-ad41-bc384323e4fb © Selina Demtröder

Oslo Philharmonic Klaus Mäkelä Elbphilharmonie 31.1.2024

Mäkela stellt sein Können in Hamburg eindrucksvoll unter Beweis

Er ist aktuell ein Shootingstar der Klassik. Mit 28 Jahren ist der Finne Klaus Mäkelä bereits ein gefragter Dirigent und Publikumsliebling in Europa. In eine Musikerfamilie hineingeboren, lernte er zurrst das Cellosoiel um früh sich dem Dirigieren zu widmen. Derzeit leitet er das Orchestre National de Paris und das Oslo Philharmonic, mit welchem er zur Zeit durch Europa reist und in der Elbphilharmonie Station macht.

Zwei gegensätzliche Symphonien stehen auf dem Programm des ersten Konzertabends. Zu Beginn die vierte Symphonie G Dur von Gustav Mahler. Sie entstand 1900 während der Sommerferien der Familie in Kärnten. „Eigentlich wollte ich eine Humoreske schreiben“ artikuliert sich der Komponist, geworden ist es eine reife Symphonie. Humor dringt kaum durch bis auf die Frische und Leichtigkeit des Gesangssolo im Finalsatz. Aber gerade den Wunsch des Witzes, der positiven Grundstimmung möchte Mäkelä erarbeiten, den Musikern entlocken. Gleich zu Beginn ist seine Interpretation eine Überraschung, ein wahres Neuerkennen dieser doch häufig gespielten Symphonie. Jede schwelgerische Romantik, die geschlossenen Melodiebögen mit instrumantaler Monumentalität unterlegt., fallen weg. Zuerst wirkt es ungewohnt „abgehackt“, dies eröffnet eine Leichtigkeit und Transparenz, die sich zu einer klassizistischen Schlichtheit von hoher kompositorischer Komplexität entwickelt. Melancholie und die oft empfundene Sehnsucht in Mahlers Musik schimmern nur sehr verkürzt durch. Dabei wählt er auch ein durchaus anspruchsvolles Tempo. Viel Würze liegt in den immer wieder hart abgebremsten Steigerungen. Fermate sind präsent aber verbindend, weisen nach vorne. Mit seinen elastischen Gesten, tänzerischen Fussbewegungen scheint er die Musiker zusätzlich zu einem perfekten reinen Spiel zu motivieren. Hier herrscht Harmonie und gegenseitiges Verstehen.

Johanna Wallroth ist die Solistin im vierten Satz. Auszüge aus seinem Liederzyklus Des Knaben Wunderhorn hat Mahler hier wiedereingebaut. Die Schwedin stellt sich im Hintergrund zu den Musikern, vermutlich der akustischen Besonderheit des Konzertsaales geschuldet, aber so verschmilzt sie mit dem Orchester und zeigt wenig Dominanz. Ihr Sopran ist jugendlich hell, hat Spannkraft und Wärme. Auch gelingt es ihr sehr verständlich zu bleiben.

Ein nicht minder anspruchvolles großes Werk folgt nach der Pause. Der Tiroler Thomas Larcher zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Komponisten. Sein Kompositionsstil verbindet Tradition mit Moderne, seine Werke kennen Melodien ebenso wie ausgereizte Harmonien und Dissonanzen die zueinander finden. Emotionen sollen und werden hervorgerufen. Seine Tonalität ist modern, zeitgenössisch aber knüpft an die Tradition. Prägend sind auch bei ihm Rhythmik. Kenotaph tituliert er seine zweite Symphonie, die 2015 entstand und ein Mahnmal für die zahllosen ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer sein soll. Die Dramatik der Tragödie spiegelt sich in schnellen Wechseln von Instrumentengruppen wieder. Streicher tragen das wogende fließende Motiv des Wassers, des Meeres während Blechsalven markig die Tragödie erschüttern. Rhythmisch wird ein Trauergesang, ein Trauerzug angeknüpft. Unverdrossen kommt es immer wieder zu heftigen Entladungen mit steigernder Wirkung, die der Dirigent mit großem Schlag des Taktstockes fast wie einen Degen spektakulär herauskitzelt. Reichhaltig ist die Instrumentierung und Larcher erweitert die Klangvielfalt mit Arkordeon, Klavier, Marembas und Glockengeläut. Wenig differenziert erscheinen die vier angegebenen Satzbezeichnung in dem einheitlichen Ganzem.

Das Publikum spendet begeistert Ovationen und anerkennt die großartige Leistung von Dirigent, des anwesenden Komponisten und Musikern.

Dr. Helmut Pitsch

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