Macbeth in Parma viel Regen und stimmlichen Segen

Xl_1710_macbeth © Roberto Ricci

Mit Macbeth steht Giuseppe Verdi in einer Phase der Veränderung seines Kompositionsstils. Die romantische Bewegung breitet sich über Europa aus und erfordert eine Weiterentwicklung der Post Rossini Tradition. Verdi erweitert seine musikalische Sprache in einer Verbindung aus Wort, Ton und Geste begleitet von reicher Harmonie im Orchesterklang und dunkler robuster Orchestrierung. Zudem nähert sich Verdi den Werken Shakespeares als Antwort Italiens auf den romantischem Geist für das Phantastische, das Überirdische. Während seines London Aufenthaltes besuchte Verdi auch Aufführungen von Werken des englischen Dramatikers, um aus der Aufführungspraxis kompositorische Rückschlüsse zu ziehen. Die tragische Entwicklung der Handlung unterliegt der Gier nach Macht der beiden Hauptprotagonisten Macbeth und seine Ehefrau Lady Macbeth. Am Ziel steht die schottische Königswürde. Das gruselige Spektakel wird für die Festspiele Parma in diesem Jahr von Daniele Abbado neu in Szene gesetzt. Mit einfachen Mitteln versucht er die düstere Geschichte im nasskalten schottischen Hochland umzusetzen. Dauerhafter Regenschauer dominiert auf der Bühne, sodass die Soldaten auch zu transparenten Regelmänteln und stark verfremdend zu Regenschirmen greifen. Selbst im Schloss regnet es herein. Ein Wunder, dass die Sänger durchnässt noch nicht über Erkrankungen berichten. Bunt und exzessiv wird die Hexenparty zur Walpurgisnacht gestaltet. Die Hexen als chorische Partie übernehmen einen wichtigen Rollenpart für den Handlungsablauf. In Eleganz wird die Feier wie ein vornehmer Maskenball sehr bunt gestaltet und sticht aus dem sonst bescheidenen dunklen nasskalten Ambiente heraus. Männer in Frauenkleider dürfen mitfeiern sowie Balletteleven im Engelskostüm. Eine zeitliche sowie örtliche Zuordnung ist auf der leeren Bühne und der Gestaltung der Kostüme durch Carla Lei schwierig. Grosse transparente Plastikbahnen als Vorhänge trennen immer wieder Bühnenräume, reflektieren Lichteffekte und untermauern blutrünstiges Handeln wenn in tiefes rot getaucht. Ein paar Versuche ausgefeilter Personenregie sind erkennbar, aber zumeist läßt er die Sänger statisch an der Rampe stehen, um deren Gesang wirkungsvoll mit den grossen Chorszenen zusammenlaufen zu lassen. Stimmlich zeigen sich Luca Salsi und Anna Pirozzi als Macbeth und Lady Macbeth überzeugend heldenhaft und schizophren dem Wahnsinn verfallen. Nach den kritischen Stimmen zur Premiere von Ernani in Mailand zuvor zeigt sich Luca Salsi hier kraftvoll und zu jeder Zeit spannungsgeladen. Sein Bariton sitzt auf einem vollmundigen Timbre und erlaubt ihm Spielraum in der farblichen Gestaltung. Anna Pirozzi hat weniger Nuancenreichtum in der Farbe, zeigt dafür Kraft und dramatische Höhe mit grellen Spitzentönen. Michele Pertusi ist ein feiner Banquo mit männlich heldenhafter Ausstrahlung. Matteo Mazzaro gelingt die Arie des Malcolm aus dem Stand sicher. Antonio Poli steht ihm siegreich als Macduff zur Seite. Im Orchstergraben gestaltet Philippe Auguin einen unaufgeregten ausgeglichenen Macbeth. Das Orchester Filarmonica Arturo Toscanini überzeugt mit weichem satten Geigenstrich und vollen Bläserklang. Sehr aufmerksam und diszipliniert folgen sie dem Dirigat und halten die Trümphe in der Hand. Ab und an wäre eine kraftvolle Entladung des Orchesterklanges zur Untermauerung der bizarren Handlung und als Gegenpol zu den mächtigen Chorstellen und dem Hexentanz als Spannungselement förderlich. Entladung gibt es beim begeisterten Publikum am Ende mit lautstarken Bravi und langem Beifall.

Helmut Pitsch

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