Lohengrin in Bayreuth Flash Gordon auf dem grünen Hügel

Xl_lo_140718_401_enriconawrath_presse © Enrico Nawrath

Die diesjährige Neuproduktion bei den Bayreuther Festspielen ist Richard Wagners romantische Oper Lohengrin. Das bekannte deutsche Künstlerehepaar Neo Rauch und Rosa Loy schufen Bühne und Kostüme für dieses Werk über den göttlichen Streiter. Nach der Absage von Alvis Hermanis übernahm der junge Amerikaner Yuval Sharon die Regie, der nach Walküre in Karlsruhe nun seine zweite Wagneroper inszeniert. Bekannt ist er für seine Theaterprojekte an aussergewöhnlichen Plätzen, "non places" wie Lagerhallen, Parkplätze und ähnliches. Sechs Jahre haben die Vorbereitung gedauert, die Zusammenarbeit wurde als vorbildlich bezeichnet und von guten Teamgeist geprägt. Nach eigenen Angaben haben das erfolgreiche Künstlerehepaar Neo Rauch und Rosa Loy die Ideen für Bühne und Kostüme in Träumen entwickelt. Herausgekommen ist ein sehr traditioneller zumeist gemalter naturalistischer Bühnenhintergrund in fahlen Blautönen. Durch dunkle Wolken stossen die Sonnenstrahlen bis an den Boden, dunkle Zypressen stehen an der Schelde ebenso wie ein gemauertes Trafohäuschen. Zarte Nebelschwaden fliessen über die Landschaft. Dies wirkt sehr romantisch, mit einem Hauch mediteran und erinnert an historische Aufnahmen von Bühnenbildern. Blau war die Musik Wagners auch für Friedrich Nietzsche. Elsa trägt eine graue schulterlange, breit ausladende Haarpracht und ein Kleid im Stil eines Dirndl aus Delftfliessen, das Volk Brabants steckt in blauen historisch angelegten Fantasy- Kostümen aus unterschiedlichen Epochen? Dazu moderne Sneaker. Dieser Lohengrin steht aber auch für den industriellen Fortschritt, symbolisiert durch die Elektrizität. Im blauen Overall eines Elektrikers mit Handschuhen erscheint der Held, ein Schwert wie ein Blitz ist seine Waffe. Nach Mäusen gibt es diesmal Fliegenflügel auf der Bühne für die Adeligen in Brabant. So findet der Zweikampf des Gottesgerichts in der Luft über den Köpfen des Volkes statt. Der siegreiche Held bekommt auch ein paar Flügel als Aufnahme in die Gesellschaft umgehängt. Videoprojektionen von gemalten Landschaften begleiten ausdrucksstark den Beginn des zweiten Aktes und die Zwischenspiele. Dieser Lohengrin ist ästhetisch im Stil amerikanischer Retro Comics wie Flash Gordon. Elsas Welt ist orange, eine Mischfarbe, welche für die Künstler für das Irdische steht. Sie streitet um ihre Freiheit und Unabhängigkeit, während Lohengrin sie dominieren, unterdrücken möchte und dies sogar in einer Fesselszene im Brautgemach zum Ausdruck bringt. In der Interpretation von Yuval Sharon ist hier Lohengrin der Verlierer, der in Trauer zerbricht, während Elsa im Schlussbild in Orange stolz ihre Freiheit erreicht. Diese Gedanken lässt die Regie erkennen, die Personenregie für Chor, Heerrufer und König ist kümmerlich und wirkt tölpelhaft. Gesungen wird mit Starbesetzung auf höchstem Niveau.

Piotr Beczala, kurzfristig für Roberto Alagna eingesprungen, demonstriert erneut nach Dresden seine Souveränität in dieser Rolle und gestaltet verständlich, lyrisch und sicher die Titelrolle. Selbst die feinen Zwischentöne wie Koloraturen erklingen anmutig. Anja Harteros' Sopran schimmert dunkler, aber weiterhin höhensicher und sie lässt sich auch im Spiel gestalterisch mehr ein. Waltraud Meier kehrt in neuer Rolle nach Bayreuth zurück und brilliert als mächtige Ortrut mit immer noch intakter Stimme. Tomasz Konieczny als ihr Gatte Telramund steht da in Ausdruckskraft und vollem Bassbariton nicht zurück. Georg Zeppenfeld bleibt eine sichere Besetzung des König Heinrich und Egils Silins gibt dem Heerrufer einen imposanten dem Amt gerecht werdenden Ausdruck.

Am Pult zieht Christian Thielemann die Fäden ohne zuviel Rücksicht auf die Sänger. Sein Tempo ist beschwingt aber massvoll, das Orchester bleibt ausgeglichen im Volumen aber voll im Klang. Kaum zerlegt er die Musik in Instrumentenstimmen, sondern wählt breites romantisches Zusammenspiel mit betonten Gefühlswelten. Durchgängig hält er den Spannungsbogen. Verdient ist der stürmische Applaus für alle.

Helmut Pitsch

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