Kurt Weills Musik der Zwanziger Jahre begeistert Mallorca

Xl_6a8b7bc5-0c94-4f04-97a8-94a31aa524ba © Helmut Pitsch

Kurt Weill ist eine schillernde deutsche Musikerpersönlichkeit, dessen Schaffen gern in den Schatten von Bert Brecht gestellt und auf ein Werk reduziert wird. Seine wahre Größe und insbesondere die Vielfalt seines Schaffens bleibt vielen unbekannt. 1900 wurde er geboren, studierte an der Hochschule für Musik in Berlin. Mit zwanzig Jahren wurde er Kapellmeister in Lüdenscheid. Er studierte bei Ferrucio Busoni, der ihn nachhaltig prägte. 1926 heiratete er Lotte Lenya, die als Schauspielerin und Chansoniere berühmt war. Weltruhm erlangte er durch die Zusammenarbeit mit Bert Brecht ab 1927, die Dreigroschenoper feierte 1928 ihre Uraufführung, sein beliebtestes Werk. Auf Grund seiner jüdischen Abstammung floh er über Frankreich nach Amerika und wurde erfolgreicher Musicalkomponist am Broadway. Früh verstarb er 1950 an Herzinfarkt.

Seine expressiven Kompositionen zeigen Einflüsse des Jazz, Tango, der Volksmusik als auch der vielfältigen Richtungen der zeitgenössischen Musik von Impressionismus, Spätromantik bis zu Grenzen der Tonalität. Prägend ist auch sein balladenartiger Songstil den sich auch die modernen Rapper angeeignet haben und im Jazz seine Wurzeln findet. Seine Opern zu Texten Bert Brechts prägten eine Epoche deutschen Kulturlebens und sind Synonym für das Berlin der 20 iger Jahre. Während der Großteil Europas im Lockdown eingesperrt ist, pulsiert in Spanien noch kulturelles Leben. Leider nicht so ausschweifend wie im Berlin nach den Schrecken des ersten Weltkrieges und der Pandemie der spanischen Grippe, aber ausgehungerten Mitteleuropäern kommt ein Drink oder Cafe im Kaffeehaus und eine Aufführung vor Publikum mittlerweile wie aus anderen Zeiten in einer anderen Welt vor.

Das Teatro Principal, das charmanteOpernhaus der Gründerzeit in Palma de Mallorca bietet zur Zeit einen Abend unter dem Titel Cabaret Weill an. Außerordentlich ist die Programmgestaltung mit dem Konzert für Violine und Blasorchester sowie der Suite aus der Dreigroschenoper von Kurt Weill. Der spanische Geiger Jesus Reina und das SimfoVents Palma unter dem Dirigenten Francisco Valero Terribas präsentieren eine ausgefeilte sehr feinsinnig einstudierte Interpretation des selten gespielten und unterschätzten Violinkonzerts. Das dreisätzige Solistenkonzert stellt höchste Anforderungen an ein präzises Zusammenspiel aller Instrumente, einem artikulierten Gestalten des Rhythmus und ausgefeilter Intonation um die ausufernden geglätteten Dissonanzen aufblühen zu lassen. Es darf keine schleppende Morbidität in diesem ruhigen in melodramatischer Schwere blühenden Werkes aufkommen. In Struktur und Aufbau hält sich Weill an die klassische Satzstruktur und Sonatenform. Vorstellen der Themen, Durchführung, Reprisen, Kadenzen und Schlusscoda sind klar erkennbar.

Die einzelnen Blasinstrumente finden Gehör und führen Themen, wobei der jeweilige Klangausdruck des Instrumentes in der Komposition verstärkt wird. Auch eine Marimba und ein Kontrabass fügen sich ein. In der Zugabe, eine Improvisation über ein spanisches Volkslied unterstreicht Jesus Reina seine virtuose Klasse und führt artistisch akurat seine Finger auf dem Steg und streicht impulsiv den Bogen. Cabaretflair der Zwanziger Jahre vermitteln ein paar Thonetstühle und Tische, sowie ein rotes Chaisselongue auf der Bühne. Dazu taucht die entsprechende Beleuchtung mit Spots die Bühne in schummrige Athmosphäre. Miquel Angel Torrens erzählt im Mallorquin, der lokalen catalanischen Sprache in der Rolle des Erzählers den Handlungsstrang, um die Feindschaft der organisierten Bettlerfamilie Peachum und dem schnöden Gangster Macheath genannt Mackie Messer, der am Ende statt gehängt von Königin Victoria begnadigt und geehrt wird. Mit Hut, Regenmantel und weißen Handschuhe im schwarzen Anzug packt er die Zuseher mit viel Mimik und warmer Stimme in seinen Bann. Sieben Teile umfasst die Suite und reiht die bekanntesten Passagen der Oper aneinander. Gleich zu Beginn trägt der Bariton Tomeo Bibiloni die Ballade von Mackie Messer in beachtlichen Deutsch vor. Der Welthit geht auch hier unter die Haut und nicht mehr aus dem Kopf. Maia Planas müht sich mit dem Deutsch als Polly, der Tochter Beacham, die Mackie heiraten will gegen den Willen der Eltern. Ihr Sopran hat die richtige Cabaret Färbung und ist kraftvoll im Chansonstil. Hier zeigt auch die Sopranistin Natalia Salom ihre Vielseitigkeit. Pablo Lopez gewinnt in seinem kurzen Auftritt nicht an Fahrt. Dafür kann Francisco Valerio Terribas mit dem Orchester glänzen. Frisch, rhythmisch aufgepeitscht verinnerlichen die Musiker den Bläsersound im Big Band Stil. Auch die Färbung und harmonischen Spannungen lassen sievaufblühen. Die Klangwelt ist so authentisch, packend und bringt sie dem Publikum näher. Viel Applaus des Publikums bestätigt und belohnt die Leistung aller zurecht.

Dr. Helmut Pitsch

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