Kopachinskaja entfesseltt feurig in Ligeti , große Symphonik mit Schubert in Amsterdam 

Xl_84f5ba17-7850-44a2-8f3f-c7eaf77435db © Helmut Pitsch

Concertgebouw Orkest Amsterdam 30.4.2022

Kopachinskaja entfesseltt feurig in Ligeti , große Symphonik mit Schubert in Amsterdam   

Als wäre es ein Hexentanz zur heutigen Walpurgisnacht. Patricia Kopachinskaja stampft schreit klatscht so wie es in der Partitur von György Ligetis Violinkonzert steht. Die fünf Sätze des Werkes malen ein differenziertes Klangbild, dynamisch impulsiv ausgereizt in den Harmonien aber ebenso spannend in der Disonanz. Gewohnt barfüßig ist die zarte kleingewachsene Russin präsent, zieht mit ihrem artistischen Spiel, im Strich oder zupfend das Publikum in den Bann und ebenso das kleinbesetzte Orchester, das sie mit Augenkontakt mitführt und zu den außergewöhnlichen Aktionen anspornt. Auch die Zuhörer sollen sich wie auch immer äußern, aber da kommt vom überraschten Publikum wenig, dafür ist die Begeisterung am Ende groß und gleich kommen stehende Ovationen. Dafür gibt es ein mit volkstümlichen ungarischen Klängen gespicktes sehr gut eingängig und hörbar wiederum von György Ligeti eine Zugabe. Der Konzertmeister des Concertgebouw Orkest gestaltet das Werk mit ihr im Duett. Flotte Cardasz wechselt mit ruhigeren gefühlvollen Momenten. Wieder ist das Publikum ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung.

Zum Einstieg erklingt aber davor Charles Ives mit „The unanswered questions“ - die unbeantworteten Fragen. 1906 entstanden als Kammermusikfassung fand erst 1946 die Uraufführung statt. Es zählt zu den bedeutendsten Werken des amerikanischen Komponisten, der seinen Lebensunterhalt eigentlich als Versicherungskaufmann verdiente. Kompositorisch ist der Aufbau klar und transparent. Er setzt drei Schichten übereinander, gedämpfte Streicher beginnen. Ives gab diesen Bausteinen eigene bildhafte Titel, hier "Schweigsamkeit der Druiden". Für die darüberliegende Solotrompete "Frage nach der Existenz" und darauf einsetzenden Holzbläser "Jagd nach der unsichtbaren Antwort". Hieraus vermittelt das Klangbild eine Handlung eine hörbare Vision, die in der schmalen Orchesterbesetzung zusammen geführt wird. Maxim Emelyanychev leitet die Musiker mit klarem Taktschlag und geringen gestalterischen Gesten. Die Solisten gehen mit Gefühl aufeinander ein.

Nach der Pause gibt es mit Franz Schuberts Symphonie Nr 7 auch die Große genannt vollen Orchesterklang. Orchester und Dirigent haben das Werk unlängst auf CD aufgenommen und somit intensiv an dem Werk gearbeitet. Vielfältig ist der Umgang mit der Phonzahl von feinen Piani zu Forte, anmutig gut gewählt die Tempi. Die Klangvielfalt in den einzelnen Sätzen wird herausgearbeitet, Farben und Stimmungen zeigen Ansätze mitunter wäre mehr Ausdruck und Spannung möglich. Präzise folgen die Musiker und im Finale gelingt eine bewusst entwickelte Steigerung in schöner Modellierung. Der junge Dirigent vermittelt seine Interpretationsvorstellung dem Orchester in klarer Führung.

Viel Applaus wiederum im nahezu ausverkauften Konzert am Nachmittag.

Dr. Helmut Pitsch

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