Kissinger Sommer - Intensiver Genuss auf höchstem Niveau für Körper und Geist

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Kissinger Sommer 2025

Kissinger Sommer - Intensiver Genuss auf höchstem Niveau für Körper und Geist  

Seit über 1200 Jahren wird in dem nordfränkischen Ort Bad Kissingen Salz aus mehreren Quellen gewonnen, seit über 500 Jahren ist die medizinische Heilkraft des Wassers von sieben Quellen bekannt und es hat sich besonders ab dem 18. Jahrhundert ein reger auch internationaler Bade- und Kurbetrieb entwickelt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Kuranlagen großzügig durch das Bayerische Königshaus erweitert. Der bedeutende Architekt Max Littmann wurde mit der Gestaltung beauftragt und seine ausgedehnten Anlagen 2021 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt.

Dort sind auch die unvergleichlichen Spielstätten des Kissinger Sommers, der dieses Jahr zum 39. mal in Folge stattfindet und mittlerweile zu den renommiertesten Musik Festivals gehört. In einem Zeitraum von über 5 Wochen finden unzählige Veranstaltung zum Teil kostenlos und unter freien Himmel statt. Der gesamte Ort wird so zur ansprechenden Kulisse, namhafte Künstler insbesondere die führenden Orchester treffen sich hier zu einem Stell Dich ein. Der angereiste Musikliebhaber wird stilvoll in beschaulicher Athmosphäre verwöhnt. Über den gepflegten Kurpark und prachtvoll blühenden Rosengarten gelangt der Besucher zu den Konzerten, dazwischen kann er unterwegs in der beeindruckenden Trink- und Wandelhalle auch seinem Körper heilendes Wasser zuführen. In nur 8 Monaten ist der Prachtbau 1904 mit Jugendstil Elementen aus Beton an Ort und Stelle gegossen worden, eine technische Neuheit.  

Junge Musiker der Musikhochschule Würzburg bilden ein Bläserquartett, das mit barocken Stücken über Bruckner bis zum Jazz als Prelude - Vorspiel auf der Terrase des Casinos schwungvoll mitreißen und auf den Abend einstimmen. Aus der volkstümlichen Blasmusik kommend spielen die Vier souverän und mit großer Sicherheit ein anspruchsvollsvolles Repertoire.

Im Anschluss ladet dss Festival zum Konzert im Max Littmann Saal. Der edle holzgetäfelte Saal ist architektonisches Herzstück und akustisches Kleinod der Stadt und führte auch zur Geburt des Festivals. Davor nur für Platten und CD Aufnahmen genutzt ist er jetzt für 1300 Besucher zugänglich und seine deutlich empfindbare akustische Qualität in der Reinheit des Klanges und der räumlichen Auskleidung des Schalls faszinieren.

Mikko Franck leitet an diesem Abend nach 10 Jahren GMD des Orchestre Philharminique de Radio France sein Abschiedskonzert vom Orchester. Gut gelaunt ist er auch im Blickkontakt mit dem Publikum schmunzelnd zu Späßen aufgelegt. Die lockere Athmosphäre ist aber auf höchstem künstlerischen Fundament. Vilde Frang ist Solistin des selten gespielten Violinkonzertes d moll von Robert Schumann. Es ist, 1853 für den Geiger und Freund Joseph Joachim entstanden, sein letztes Orchesterwerk und erst Jahrzehnte später uraufgeführt Seine schwindende Geisteskraft ist ein dem Werk anhaftender Kritikpunkt. Wenig zündend sind die Melodien, die solistische Stimme wenig ausgeprägt, in den Kadenzen kann die Geigerin ihre Technik und expressive Ausdruckskraft am Instrument aber gut zur Gelung bringen. Gefühlvoll in reiner Spiel- und Grifftechnik begeistert sie in ihrer Zugabe, ein Arrangement von Fritz Kreissler der Kaiserhymne von Joseph Haydn.Dirigent und Orchester zeichnen sich durch ruhige sehr aufmerksam präsente Begleiter aus.

In hoher Präzision an der Grenze zu reisserischer Erzählweise führt Franck das Orchester durch die Symphonie fantastique von Hector Berlioz. Stramm im Tempo, episch im Volumen zeigen sich die Musiker sehr vertraut mit dem Romantiker und erzählen die Tondichtung mit dramatischem Nachdruck. Das immer wieder kehrende Motiv, die „idee fixe“ geistert klar artikuliert durch den Saal, der Trommelwirbel am Richterplatz, oder die Glockenschläge in der Hexennacht durchdringen den Raum, der die Darbietung mit seiner Akustik untermauert. Der große Beifall wird mit einer Zugabe aus Mikko Francks Heimat Finnland belohnt. In ruhiger fließender Melodie durch die Streicher vorgestellt und auf das gesamte Orchester übertragen wirkt Heino Kaskis Prelude meditativ beruhigend.

Als ansprechenden Kontrast bietet der Kissinger Sommer ein spektakuläres zeitgerechtes Nachtprogramm. Im ebenso von Max Littmann, in barockem fränkischen Stil nachempfundenen Kurtheater moderiert in geradezu perfektem Ambiente Dragqueen Sheila Wolf charmant witzig ihre Burlesque Show Vaudeville unter Mitwirkung führender Artisten, Tänzer und Tänzerinnen der Szene. Burla bedeutet italienisch Spass oder Schabernack. Ursprünglich umfasste die Theaterform derbe Inhalte, im 20. Jahrhundert entwickelte sich in den USA eine eigene Bühnenkunst aus Gesang, Tanz und Comedy. Ästhetischer Striptease, stilvolles Entkleiden mit nicht vollständiger Nacktheit wechseln mit koketter Travestie Show und artistischer Akrobatik. Genderelemente mischen sich mit französischem Cabarett und Revue zum unverkrampften Verhältnis von Erotik und Sinnlichkeit .

Große Begeisterung und Jubel im ausverkauften Haus mit gut durchmischten Publikum. Die vielseitige Programmgestaltung der jungen Intendanz wird eindrucksvoll vom breiten Publikum aufgenommen und macht Bad Kissingen zum attraktiven Klassikziel im internationalen sommerlichen Festspielprogramm.

Dr. Helmut Pitsch

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