Il Trovatore in Verona - Arena im Anna Fieber

Xl_img_1535 © Ennevi Fondazione Arena

Mit viel Spannung und dem üblichen Medienrummel wurde ihr Debüt in Verona erwartet. Die Primadonna assoluta Anna Netrebko in der weltberühmten Arena, der grössten Bühne und Opernhaus der Welt. Verona gilt als Spektakel pur. Da muss etwas auf der Bühne passieren, lebendige Tiere, am besten Elefanten inklusive. Die Aida Aufführungen sind legendär. Die grossen Sänger geben sich dort seit über hundert Jahren ein Stell dich ein. Nun ist auch der grosse Star Anna Netrebko gemeinsam mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov in der Wiederaufnahme von Franco Zeffirellis 2001 entstandenen Il Trovatore zu erleben.

Eine dunkle Ritterburg aus drei Türmen steht auf der Bühne. Bunte Fahnen wehen und ein Heer von Rittern marschiert ein. Wenige wissen wie der unlängst verstorbene Franco Zeffirelli mit Massenszenen auf der Bühne umzugehen. Er hatte ein Gespür für dreidimensionale Räume, für Ästhetik und Bewegung wie kein anderer. Konventionell traditionell in der Darstellung lässt er aufwendig Bühnenbilder, Kostüme und Menschen auf der Bühne lebendig werden. Auch Pferde, Ritterrüstungen und jede Menge Zigeunerinnen tummeln sich auf der Bühne farbenfroh. Wenn sich der wuchtige Wehrturm öffnet und zur Kathedrale wir,d gibt es ehrfürchtigen Szenenapplaus.

Vor grosser Runde erzählt Riccardo Fassi als Ferrando mit klarer ausdrucksvoller Stimme die Familientragik der Lunas, von der Hexenverbrennung und der Kindesentführung. Luca Salsi bekennt als Graf Luna seine Verehrung Leonores und seine Eifersucht gegenüber dem unbekannten Troubadour, der ihr Herz erobert hat. Er steigt kraftvoll ein, wirkt markig und entschlossen. Sein Bariton sitzt tief mit nicht zu dunklem warmen Timbre. Romantisch breit zieht er die Melodiebögen, nutzt seinen Sprachvorteil und artikuliert weich im Sprechgesang. Die Höhen setzt er vorsichtig an, und öffnet sich erst nach sicherer Intonation. Und dann mit dem Rücken zum Publikum steht "Anna" Netrebko auf der Bühne. Die ersten Tönen wirken von der Adaption an des besondere Umfeld der Arena geprägt. Sachte und ruhig startet sie vorsichtig. Schnell strahlt sie Sicherheit aus. In der Tiefe versteht sie es noch deutlich und harmonisch zu singen, gestaltet nuancenreich die Melodiebögen, wo sich oft Sängerinnen im Undefinierten üben. Immer dunkler, im Ansatz dramatischer klingt ihr Sopran, der unverändert klar und sicher nach oben strebt. Zu Höchstform kommt sie im vierten Akt ihr Schicksal und ihre Liebe zu Manrico besingend und sich für ihren Tod entscheidend, um dessen Leben zu retten. Subtil feilt sie in jedem Lauf und Sprung an jeder Note, Koloraturen fliessen klar und locker und emotionale Ausbrüche kommen ohne scharfe Forte. Still und gebannt ist das Publikum bei ihr, eine geforderte Wiederholung gibt es aber nicht. Als Titelheld und ihr Partner ist wieder Yusif Eyvazov an ihrer Seite. Er hat einiges in den letzten Jahren an seiner Stimmtechnik und Sprachkenntnissen verbessert. Kraft und Volumen sind ausreichend vorhanden, Sicherheit in der Höhe und eine breite Mittellage auch. Farb- und Klangvielfalt, weich durchgezogene Melodiebögen mit Schmelz belegt fehlen. Markig und düster mit metallenem Klang Dolora Zajick als die Zigeunerin Azucena, die Rache für ihre Mutter übt.

Im grossen Orchestergraben führt Pier Giorgio Morandi ruhig mit wenig Gesten das Orchester der Arena. Vielleicht zu ruhig, etwas mehr Schwung und klarer Einsatz hätten die Spannung und Dramatik unterstützt. So blieb im Orchesterklang ruhig fliessend, die Sänger ordentlich begleitet. Ein Meer von Handybildschirmen begleitet den Schlussapplaus mit trommelnden Bravirufen für Anna Netrebko, die sichtlich gerührt und gelöst wirkt.

 

Dr. Helmut Pitsch

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