Il Trittico - Amsterdam Ein 3 Gänge Menü pikant humorvoll serviert von Barrie Kosky 

Xl_dutch_national_opera_trittico_2._angelica_09_071 © Monika Rittershaus

Giacomo Puccini Il Trittico De Nationale Opera Amsterdam 3.5.2024

Il Trittico - Amsterdam Ein 3 Gänge Menü pikant humorvoll serviert von Barrie Kosky 

Auch Amsterdam hat jetzt eine Neuinszenierung des Dreiteilers Il Trittico von Giacomo Puccini. Die Herausforderungen an die Regie sind durch die Unterschiedlichkeit der drei Einakter groß. Barrie Kosky sucht keine Gemeinsamkeiten, sondern arbeitet die Dramaturgie jedes einzelnen Einakters heraus. Nur das Bühnenbild von seiner Dauerpartnerin im Team Rebecca Ringst verbindet, wie die humoresken Züge, typisch für den Australier.

Die Tragödie an der Seine Il Tabarro wird zum Eifersuchtsdrama im neutralen Raum heruntergebrochen. Barry Kosky reduziert die fragile Leidensgeschichte zu einem Carmenverschnitt. Rebecca Ringst liefert zwei große helle Wände spitz zulaufend, die die gesamte Bühne einnehmen. Eine zentrale Schiebetür öffnet sich und ein Holzsteg wird herausgefahren, begleitet von ein paar Nebelschwaden. Von Schiff und Wasser keine Spur. Holzbretter werden zu einer großen Anzahl von Arbeitern heruntergereicht und belanglos an die Wand gelehnt. Unkoordiniert wird herumgelaufen und gestanden, eine stringente Personenregie fehlt. Etwas Frische und Inhalt kommt durch den frivolen Auftritt von Frugola, die die Regie überzeichnet und eine humorvolle Anleihe am nahegelegenen Rotlichtbezirk nimmt.

Treppauf, treppab zumeist im Laufschritt bekommt das Klosterleben in Suor Angelica Vitalität und wiederum humoreske Züge, wenn dann noch die brüskierte Ordensschwester nach klappernden Stufen kräftig die Tür knallen lässt. Wieder trägt das Regieteam dick auf, wenn Principessa Zia mit Schmuck schwer beladen, geschminkt wie eine Drag Queen auftaucht. Dafür bekommt das Ende sehr ehrliche und intime Momente.

Ganz nach seinem Geschmack wirkt die Realisierung von Gianni Schichi, der Komödie unter den drei Opern. Hier gelingt Barry Kosky dem Publikum und der Gesellschaft humorvoll einen Spiegel vorzuhalten, was Geldgier und Rücksichtslosigkeit betrifft. Spielt der Tod in allen drei Werken eine Rolle, ist er hier Auslöser einer Erbschleicherei mit lehrhaftem Ergebnis. Die Angehörigen von Buoso Donati feiern noch herzhaft dessen Geburtstag, beim Ausblasen der Kerzen ereilt diesen der Herztod. Mit Akribie wird das Testament in seinen Kleidern und am Körper gesucht, bis Rinuccio an dessen Gemächt fündig wird. Wieder im bereits bekannten Ambiente gibt es auf der leeren Bühne nur Tisch und Stühle. Das übliche Bett fehlt, die Leiche unter die Tafel plaziert. Zum Schlußgesang von Gianni Schicchi holt dieser den Statisten wieder hervor.

Die wahren Gefühlsregungen und diffizilen zwischenmenschlichen Beziehungen erarbeitet Lorenzo Viotti am Pult des Nederlands Philharmonic Orkest, dessen Chefdirigent er seit 2021 ist.Der jungeSchweiz Franzose versteht es den Emotionen und Konflikten musikalisch Gehör zu verleihen. Sehr transparent, detailgetreu erarbeitet er die Nuancen der Partitur, die Klangwelt bleibt transparent und zumeist ohne überbordendes Volumen. Das hilft so dem Sängerensemble sehr präsent und wirkungsvoll zu wirken. Daniel Luis de Vicente ist ein tragischer Michele, der zu sich als auch zu seiner geliebten Giorgetta keinen Zugang findet. Sein Verdacht beklemmt ihn und macht ihn rasend bis zu seiner mörderischen Handlung. Der Traurigkeit der Gestalt gibt er ein lebendiges Bild, stimmlich vermittelt sein warmer Bariton mit einer guten Portion warmen Timbre die passende Färbung. Ebenso kann er aber als Gianni Schicchi Humor und darstellerisches Talent präsentieren.

Joshua Guerrero ist ein mutiger stürmischer Liebhaber, der in Il Tabarro als Luigi dafür mit seinem Leben bezahlt, in Gianni Schicchi als RInuccio belohnt wird. Frisch und kraftvoll ist sein Tenor und auch im Spiel überzeugend. Leah Hawkins findet keinen Zugang zur vereinsamten, durch den Tod des Kindes in Lethargie verfallenen Giorgetta. Auch die Regie lässt sie als munteres lockeres Mädchen erscheinen, die reine Liebeslust und Vergnügen sucht. Dazu steckt Victoria Behr die junge US Amerikanerin in ein unvorteilhaftes buntes Sommerkleid mit üppigem Dekolleté. Ihr warmer gut sitzender Sopran zeigt wenig Farbe und Flexibilität. Ebenso kess erscheint Raehann Bryce-Davis als Fragula bunt in heißem Minirock und engem Bodyshirt, entsprechend lustvoll agierend. Groß und kräftig ist ihre Stimme, ab und an zu laut. Auch als verbitterte strenge Principessa Zia wird sie in ein unvorteilhaftes Kostüm, zuviel Schmuck und Maske gesteckt. Ihre deftige Lebenslust trifft auf die grazile Frömmigkeit der Suor Angelica, die sich gebrochen ihrem Schicksal unterwirft. Elena Stikhina gelingt, die Härte ihrer Strafe in ein berührendes Bild zu versetzen. Ihr Sopran ist sehr beweglich, fassettenreich und verpackt Seelenruhe wie Aufbegehren bis zur entladenden Verzweiflung in wunderbare Töne. Die Nachricht vom Tod des verlorenen Sohnes, dessen Geburt ihr Leben besiegelt hat wird zum letzten Aufbegehren und edlen ehrenvollen Selbstmord. Klug ist der Regieeinfall vom gerahmten Bild des Sohnes und dessen Urne als letztes Geschenk der hartherzigen Tante.

Inna Demenkova liefert eine jugendlich frische Interpretation der bekannten Arie der Lauretta O mio babbino caro in Gianni Schicchi, Helena Rasker ist ein gut giftige Zia, sowie Mark Omvlee sowohl als Tinca in Tabarro als auch als Gherardo eine solide Leistung bringt. Insgesamt sind alle Verwandten gut besetzt und können mit ihrem engagierten Spiel das Publikum mitreißen.

Großer stehender Beifall für die Sänger, mit Steigerung für den Dirigenten und das Orchester. Auch das Regieteam wird gefeiert.

Dr. Helmut Pitsch

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