© Benjamin Eavolego Tiroler Festspiele
Vincenzo Bellini La Sonnambula Tiroler Festspiele Erl 28.12.2025
Glanzvoller Belcanto mit Sonnambula in Erl
Belcanto im Winter, Wagner im Sommer sind die Schwerpunkte der Tiroler Festspiele. Nach der szenischen Aufführung von Gaetano Donizettis Lucia di Lammermoor folgt die konzertante von Vincenzo Bellinis Melodram La Sonnambula. Das Libretto fusst auf einer französischen Komödie, Bellini und sein Librettist Felice Romani formen daraus ein schauriges Drama mit gutem Ausgang, ganz im Zeitgeschmack. Wahnsinn bei Donizetti, bildet hier Schlafwandeln den Rahmen für das Traumata. Die halbernste Handlung um die Liebe Aminas zum Gutsbesitzer Elvino kleidet Bellini in edelste üppig ausgestaltete Melodien - sehr zur Freude des Publikums. Klangschönheit und Technik bilden die Eckpfeiler des Belcanto, einer Musikrichtung, die das ausgehende 18. und beginnende 19.Jahrhundert prägte.
Klangästethik und Können beweist das exzellente Sängerensemble unter der musikalischen Leitung von Giacomo Sagripanti. Er versteht die Klangsprache und weiß, die Sänger zu führen und zu unterstützen. Schwungvoll entwickelt er aus zarten Ansätzen die Melodien, setzt Akzente in Rhythmus und Volumen. Fein und bestimmt tariert er die Lautstärke des Orchesters, um den Sängern ausreichend Raum zu geben. Auch den Chor der Tiroler Festspiele verliert er nicht aus den Augen und läßt ihn souverän in den Einsätzen erscheinen.
Jessica Pratt feierte hier letztes Jahr als Einspringerin in I Puritani einen großen Erfolg. Nun kehrt sie als Amina zurück und begeistert mit ihrer warmen flexiblen Stimme. Mühelos und weich meistert sie die akrobatischen Sprünge. Leicht fließen ihre Tonläufe. Sicher und präzise intoniert sie die Spitzentöne. Dazu verleiht sie im Ausdruck ihrer Stimme die passende emotionale Färbung. Levy Sekgapane ist kurzfristig für den erkrankten Francesco Demuro eingesprungen. Auch er ist in Erl ein Bekannter und überzeugt als ehrlich naiver Elvino. Der Südafrikaner formt weiche volle Töne, bindet diese zu fließenden Melodien. Auch trifft er die Spitzentöne ohne Druck und driftet locker in der Tonfolge nach unten. Etwas einseitig legt er Klangfarbe und Emotionen an. Graf Rodolfo findet in Adolfo Corrado eine gelungene Darstellung. Üppig füllt dessen Bass das Festspielhaus mit warmen vollen Tönen in fließendem Gesang. Sarah Dufresne ist eine kokette selbstbewusste Lisa, die mit perfekten Koloraturen und sauberen hellen Höhen überzeugt. Valentina Pernozzoli verleiht Teresa Präsenz und Gehör. Ihr dunkler Mezzo kann zünden und sich durchsetzen. Der Alessio von Pawel Horodyski kann die starrsinnige Lisa nicht erreichen, zeigt aber eine solide Darstellung.
Frenetischer Beifall als Anerkennung und Dank an alle Beteiligten.
Dr. Helmut Pitsch
29. Dezember 2025 | Drucken
Kommentare