Gefeierte Neuinszenierung von Rake`s Progress am Gärtnerplatz

Xl_101022rakeprogress_g_rtnernplatz © Jean Marc Turmes

Igor Stravinsky The Rake’s Progress Gärtnerplatztheater München Premiere 9.10.2022

Gefeierte Neuinszenierung von Rake`s Progress am Gärtnerplatz

Schillernd ist die Biografie von Igor Strawinsky. Als Sohn eines berühmten Opernsängers, studiert er zuerst Jura und nimmt Kompositionsunterricht bei Rimski Korsakow. Mit 24 ehelicht er eine bekannte Tänzerin. Mit 26 lernt er Serge Diaghilew kennen. Mit ihm und dessen  Ballett Russes ist sein Ruhm eng verbunden. 1914 verlässt er Russland und macht international Karriere mit seinen Ballettkompositionen und symphonischen Werken. Auch als Dirigent feiert er Triumphe. 1971 stirbt er im Alter von 89 Jahren.

Für die Opernwelt hat er nur ein abendfüllendes Werk The Rake‘s Progress zu deutsch, die Karriere eines Wüstlings hinterlassen. 1951 wurde es in Venedig uraufgeführt. Anregung und Inhalt lieferte ein Bilderzyklus von William Hogarth. Der einfach gestrickte Tom Rakewell träumt von Karriere und Geld. Dazu verhilft ihm Nick Shadow, der personifizierte Satan. Ein fatales Erbe und folgender exzessiver Genuss bringen keine Erfüllung und Glück. Nur die Liebe zu und von Anna rettet Tom vor der Hölle. Von Nick zum Wahnsinn verflucht stirbt Tom zufrieden im Irrenhaus.

Rakes Progress ist Strawinskys letztes Werk im neo klassizistischen Stil und er verarbeitet Elemente des Barocks und der Klassik in seinen typischen rhythmisch geprägten Stil. Harmonie und Melodien sind stark vereinfacht und werden darüber gelegt. Rezitative werden mitunter von einem Cembalo begleitet. Anspruchsvoll sind veritable Arien mit schmaler enharmonischer Orchesterbegleitung. Der Abend bietet ein großes Opernerlebnis, Faust, Mephisto und Don Giovanni treffen aufeinander in einer handlungsreichen märchenhaften sowie sozialkritischen  Szenerie.

Das Gärtnerplatztheater München eröffnet die Saison mit einer opulenten, intelligenten und bildreichen Neuinszenierung der selten gespielten Oper. Der Regisseur Adam Cooper war Solotänzer beim Royal Ballet. Mit Feingefühl führt er die Personen, drapiert munter die Massenszenen, schrammt geschickt an Klischees und Satire vorbei und zeichnet markante Bilder. Cogenial schafft Alfred Mayerhofer expressive und pointiert phantasievolle Kostüme und Walter Vogelweider das passende Bühnenbild. Von der Scheune in ländlicher Idylle über das gestylte Stadtappartement hin zum bizarren London des Punks.

Ruben Dubrovsky ermuntert im Graben das Orchester des Staatstheater zu einem sehr tänzerischen Spiel mit frischer Schlagtechnik. Barocke Leichtigkeit trotz ausgefeilt fordernden Rhythmuswechsel. Auch den Choristen werden im munteren Spiel choreografiert.

Die Sängerbesetzung erfüllt bestens alle Anforderungen. Konzentriert meist Gyula Rab die Titelrolle und mutiert vom Cowboy zum schrägen Popstar und endet als hilfloser Irrer. Sein Tenor ist im Volumen klein, aber sicher mit hoher Flexibilität.

Maria Celeng zeigt wieder ihr Können als Anne Trulove. Souverän und klar singt sie ihre anspruchsvollen Arien gegen ein rhythmisch hetzendes Orchester. Matija Meic, gerade mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet zeigt seine darstellerischen Qualitäten als Nick Shadow und durchdringt mit seinem kräftigen Bariton. .

Große Begeisterung und Bravi im ausverkauften Haus. 

Dr. Helmut Pitsch

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