Frühlingsstürme – Jaromir Weinberger und Barrie Kosky entführen und verführen

Xl_fr_hlingsst_rme_kob_iko_freese © Iko Freese

Frühlingsstürme – Jaromir Weinberger und Barrie Kosky entführen und verführen

Ein Welterfolg, der lange vergessen war. Im Berlin des politischen Umsturzes hatte die Operette Frühlingsstürme des jüdischen Komponisten Jaromir Weinberger und jüdischen Librettisten Gustav Beer am 20. Januar 1933 Premiere. Wenige Tage später erfolgte die Machtübernahme Hitlers und die Aufführung würde verboten. Die komische Oper Berlin hat nun mit Hilfe von Norbert Biermann das Werk rekonstruiert und adaptiert und an den Geburtsort zurückgeholt. Hausherr Barrie Kosky hat dazu eine schwungvolle Inszenierung ganz im Stil des Variete der Berliner 20 iger Jahre mit viel Gespür, Witz und Phantasie geschaffen. Die Handlung spielt in China während des russisch japanischen Krieges. Eine verführerische Witwe, ehemals in einen japanischen General verliebt, der just im russischen Hauptquartier spioniert, ein gutmütiger russischer General, eine widerspenstige Tochter, die sich in einen Kriegsberichterstatter verliebt sind die Zutaten für diese flotte Operette. Die ehemalige Liebe blüht wieder auf und geht in den Wirren, um die Aufdeckung und Flucht der japanischen Spione unter. Am Ende eine moralische Vernunft, die Witwe heiratet den russischen General, dessen Tochter den Reporter und der japanische General inzwischen verheiratet beschwört die Liebe seines Lebens.

1896 wurde Jaromir Weinberger in Prag geboren. Schon früh begann er zu komponieren und wurde ein Schüler Max Regers. Mit seiner Oper“ Schwanda der Dudelsackpfeifer“, 1929 uraufgeführt, wurde er zum meistgespielten Opernkomponisten der Zwischenkriegszeit. Als Auftrag für den Admiralspalast in Berlin schuf er die Operette Frühlingsstürme. Nach rassistischen Schmähungen emigrierte der Komponist nach USA, konnte aber an seine Erfolge nicht anknüpfen und beging 1967 Selbstmord.

Die Operette blieb nur als Klavierauszug erhalten, weitgehend originalgetreu wurde sie aus vorhandenen Aufzeichnungen und Tondokumenten rekonstruiert. Das Werk überzeugt mit schwungvollen Rhythmen und ausladenden Melodien, von Volksmusik und Jazz genauso inspiriert wie von der Symphonik der Spätromantik. Opernhaft klingen manche große Arien, schnell drehende Duette und witzige Dialoge gehören ebenso zum Werk wie schmissige Tanzeinlagen, von Otto Pichler choreografiert. Die Ballettdamen wirbeln Beine und Arme in eleganten Kleidern oder engen Bodies, wedeln mit plüschigen Federfächern und verströmen Revueatmosphäre.

Das Bühnenbild von Klaus Grünberg dominiert ein großer sich öffnender Würfel, der im Inneren die verschiedenen Handlungsorte mit wenig Mobiliar verbirgt. Dazu bringen große Lampions chinesischen Flair und Licht. Barrie Kosky versteht die Handlung frisch und unterhaltsam mit viel Bewegung zu erzählen. Viele Türen ermöglichen rasche Auftritte und Abgänge, eine Drehtür im letzten Bild sorgt für sportliche Akrobatik und Situationskomik. Es wird viel gelacht und es werden große Emotionen erzeugt. Besonders die Arien des japanischen Generals, eine Glanzrolle des berühmten Richard Tauber bei der Premiere, beeindrucken und geben dem jungen türkischen Tenor Tensel Akzeybek Raum sich als lyrischer Tenor des Opernfaches zu präsentieren. Seine Stimme ist klein, weich mit einem warmen Timbre. In der Höhe wird die Stimme hell und eng. Vera Lotte Boecker ist Ensemblemitglied der komischen Oper und zeigt sich routiniert in Schliff der Stimme, nuanciert ohne Schärfe bewegt sie sich in den Höhen, fest und flexibel in der Mittellage und Tiefe. Auch die Sprechstimme ist gut ausgebildet. Der russische General Katschalow ist ein Sprechrolle, trotzdem gibt Stefan Kurt mit der Imitation der grossen Arie der Tatjana aus Tschaikowskys Eugen Onegin eine Kostprobe seiner Vielseitigkeit, auch seines komischen Talentes.

Alma Sade und Dominik Köninger verkörpern das aufbrausende wilde Liebespaar Tatjana, die Tochter des Generals Katschalow und den umtriebigen Kriegsberichterstatter Roderich Zirbitz, die am Ende dessen väterlichen Segen für die Ehe bekommen.

Christoph Breidler dirigiert mit strenger Hand und flottem Tempo. Es wird nicht auf die Gefühlsdrüse gedrückt sondern transparent und klar musiziert. Die Qualität der Musik, die sich in Leitthemen und orchestralen Farben ausdrückt kommt zur Geltung. Eine gelungene Wiederbelebung dieses unterhaltsamen Werkes wird vom Publikum mit Freude und viel Beifall gewürdigt.

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