Französisches Skandaldrama um Liebe, Ehebruch und Selbstmord einfühlsam in Innsbruck getanzt

Xl_5ac983e6-b40e-4d33-9831-8b62ff36e0f6 © Birgit Gufler

Madame Bovary Ballettcompagnie Landestheater Innsbruck 4.5.2023

Französisches Skandaldrama um Liebe, Ehebruch und Selbstmord einfühlsam in Innsbruck getanzt 

1857 erschien der Roman Madame Bovary von Gustav Flaubert. Die Geschichte der Emma Bovary die aus Langeweile ihren lustlosen Mann betrügt und in ihren Zweifeln über die Ehe Selbstmord mit Arsen begeht. Die Gesellschaft war scholiert, die Zensur empfand das Werk unsittlich. Der Roman wurde ein großer Erfolg für den Autor. Die Geschichte über Ehebruch, Liebesaffären und Selbstmord kleidet Enrique Gasa Valga, der scheidende Leiter der Innsbrucker Ballettkompagnie in neunzehn Bilder, ästethisch mit wenigen beweglichen Requisiten wie transparente Vorhänge und einem Kristallluster, die immer wieder von oben heruntergelassen werden. Dazu wird die Bühne mit Licht und Naturprojektion von Michael Reinisch in Stimmungen getaucht, geschickt dosiert mit dem Geschehen.

In dezenten eleganten leicht historisierenden Kostümen von Andrea Kuprian bewegen sich die Tänzer und Tänzerinnen auf der kleinen Bühne der Kammerspiele im Haus der Musik energiegeladen elegant.DIe Musik ist von verschiedenen Komponisten von Sibelius über Debussy bis Satie zusammengestellt. 

In den zwölf Bildern des ersten Aktes lernen wir die Titelheldin Emma Bovary - von fünf Ballerinen über den Abend verteilt getanzt - kennen, erleben das erste Treffen ihres Ehemannes Charles auf einem Ball, die Hochzeit und die gähnende Leere des Ehelebens. Mit verschiedenen Liebschaften in mehreren Pas de Deux ausgelebt, verfolgen wir eine wenig leidenschaftliche Zerrissene. Die Figuren des Choreografen lassen die Paare verschmelzen, gewagte Hebungen und in sich verschlungene Drehungen dominieren. Die Gestaltung ist sehr klassisch anmutig ästhetisch und ruhig ohne Spitzentanz. Vom modernen Tanz gibt es Anlehnung besonders in den Sprüngen und Figuren der Tänzer.

Sieben Bilder umfasst der zweite Akt nach der Pause und wir beobachten den zunehmenden ergreifenden emotionalen Zerfall mit imaginären Vorstellungen bis ein Tänzer der Heldin das erlösende Arsen reicht. Schmerzvoll ist das getanzte Leid des treuen liebenden Ehemanns. Wieder gelingt es Enrique Gasa Valga den Betrachter auf eine literarische Reise mitzunehmen, in die Handlung förmlich hinein zu ziehen. Diesmal sind es ansprechende weiche gefühlvolle Bewegungen, eine Choreografie die Stimmungen erzählen will, ein bürgerliches Ambiente in der Leere, Liebe und Beziehung als Imagination existieren.

Viel Beifall vom treuen Tiroler Tanzpublikum.

Dr. Helmut Pitsch

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading