Eröffnungstag der Biennale Musica spannt einen weiten Bogen

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Biennale Musica 2021 Eröffnungstag der Biennale Musica spannt einen weiten Bogen

 

Die feierliche Eröffnung der diesjährigen Biennale Musica sowie weitere Konzertabende sind der finnischen Komponistin Kaija Saariaho gewidmet. Für ihr Lebenswerk erhält sie den goldenen Löwen, eine Auszeichnung für ihr umfangreiches Schaffen und ihre herausragenden Erfolge. Ihre zeitgenössischen Opern und Orchesterwerke wurden an vielen Orten erfolgreich aufgeführt und fanden ihren Weg auf Festspiel- und Opernbühnen. Nach Sofia Gubaidalina in 2013 ist sie die zweite Komponistin, die diesen begehrten Preis bekommt. Die Stellung der Frauen auf und hinter der Bühne ist ihr auch ein besonderes Anliegen. Ihr Laudatio und Dankesrede waren diesem Thema gewidmet.

Ein Soundinstallarion des jungen britischen Dirigenten und Komponisten Jack Sheen eröffnet die zweiwöchige Konzertreihe, die dieses Jahr den Titel „Chorusses“ trägt und sich der menschlichen Stimme widmet. In seinem Tondokument verbindet er zwei Komponenten und mischt diese durch elektronische Bearbeitung zusammen. Mittelalterliche Gesänge lässt er von einem Chor möglichst langsam und in feinstem Piano wiedergeben. Daneben hat er an verschiedenen Orten Venedigs Stille, geräuschlose Ruhe aufgenommen. In einer Endlosschleife lässt er die digitalisierten Tondokumente auf Zufallsbasis vom Computer zusammen mischen. Es entsteht eine mystische von Ruhe getragene Klangwelt durch zahlreiche im Raum verteilten Lautsprecher am Boden.

Ein erster Höhepunkt ist am Abend das Orchesterkonzert mit einer orchestrieten Fassung durch den Dänen Hans Abrahamsen von Claude Debussys Childrens Corner. Das Orchester del Teatro La Fenice unter der Führung von Ernest Martinez Izquierdo gibt dem für Klavier komponierten Werke impressionistische Züge mit luftigen Klängen. Die fünf Stücke beschreiben verschiedene Charaktere und Stimmungen, die von der Musik in klaren Zügen ausgemalt wird.

Im Anschluss wird Kaija Saariaho zweites Cellokonzert mit dem Titel „Notes on Light“ zur Aufführung gebracht. Nach „Amers“ 1992 uraufgeführt hat die finnische Künstlerin und Preisträgerin des diesjährigen Goldenen Löwen dieses Konzert 2006 geschrieben und wiederum dem Cellisten Anssi Kartunen gewidmet, der auch hier der Solist des Abends ist. Er ist ein ausgewiesener Spezialist zeitgenössischer Musik und hat viele moderne Werke für sein Instrument zur Uraufführung gebracht. In fünf Sätzen werden Lichtzustände musikalisch ausgemalt. Translucent, secret (durchschimmernd geheim), on fire (unter Feuer), awakening (erwachend), Eclipse (ekliptisch) und Heart of Light (Herz des Lichts). Saariaho’ s unverkennbar individueller musikalischer Ausdruck ist auch hier ausgeprägt. Voll von diversen Einflüssen gießt sie ihre Töne in eine zumeist langgezogene Struktur, Melodien sind fragmentarisch, Klangbilder verzerrt und verfremdend. Es lastet nördliche Schwermut auf traumerisch anmutenden auch ins mystische gehende Klangfärbungen. Sie lotet Disharmonien in weichen Konturen mit exotischen Anklängen aus. Rhythmisch bewegt sie sich ruhig diszipliniert. So umhüllt sie das Publikum im beschränkt besetzten altehrwürdigen Teatro La Fenice sanft schmeichelnd mit ihren Lichtimpressionen und wird mit stehenden Ovationen gefeiert.

Dr. Helmut Pitsch

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