Ein neuer Figaro in Salzburg Eine durchaus hörenswerte Mozartinterpretation

Xl_figaro-2023-c-sf-matthias-horn-015 © Mathias Horn

Wolfgang Amadeus Mozart Le Nozze di Figaro Salzburger Festspiele 15.8.2023

Ein neuer Figaro in Salzburg  Eine durchaus hörenswerte Mozartinterpretation 

 “Peinlich“ hallt es durch das Haus für Mozart in Salzburg. Ein aufgebrachter Zuschauer macht seinem Ärger angesicht der wenig ansprechenden Regieeinfällen von Martin Kusej Luft und findet dafür mehr Zustimmung im Raum als der bescheidene Applaus am Ende der Aufführung. Nach dessen Don Giovanni ( unter anderem mit der damals noch unbekannten Anna Netrebko)  und Clemenza di Tito (unter der Leitung von Nicolaus Harnoncourt) holt Intendant Markus Hinterhäuser ihn für eine Neuinszenierung von Wolfgang Amadeus Mozart Il Nozze di Figaro an die Salzach zurück. 

"Die Welt ist aus den Fugen" ist das Motto der diesjährigen Festspiele und bei Kusej bekommt es auch ein Bild. Gleich zu Beginn stehen alle Mitwirkenden zu erst gelangweilt da, dann gönnt sich jeder sein Rauschmittel, um das Folgende in eine Irrealität zu versetzen, in der der Inhalt und die Aussage des Werkes verloren geht. Das Konzept, die Aussage des Regisseur zu suchen ist vermutlich nicht dessen Intention. Dafür liefert Raimund Orfeo Voigt starke aufwendige, oft wechselnde Bühnenbilder, zumeist Räume, die ständig verschoben werden. Dazu wird immer wieder ein Blackout eingestellt und der Raum in gänzlichem Dunkel sekundenschnell neu gestaltet. Diese wechselnden Einstellungen verwirren und lassen den Faden reissen. Ein Kontrast ist der farbenfrohe Garten im letzten Bild, indem wild orientierungslos wiederum alle herumirren.

Die Personenregie ist spannungslos, zumeist fühlen sich die Sänger allein gelassen und fallen in übliche Posen. Unnötige nackte Frauen sollen provozieren, geben aber ein trauriges überholtes Klischee wieder.

Am Ende kann der Besucher nur hoffen, dass er für sein Geld zumindest eine adäquate musikalische Umsetzung bekommt. In der erstklassigen Sängerbesetzung machen besonders Adriana González als Contessa di Almaviva und Sabine Devieilhe als Susanna viel Freude. Stimmlich mit viel Farben und Fassetten gestalten die beiden den Abend mit echten Emotionen und perfekter Technik.

Lea Desandre ist ein geschlechtsloser Cherubino und bräuchte mehr Volumen für das Haus. Krzysztof Baczyk als Figaro wirkt im Typus wie ein gelackter Strizzi, der als Fremdkörper in den Hof eingedrungen ist. Stimmlich punktet er mit einem kräftigen kantigen Ausdruck. Andre Schuen sucht dem Conte Almaviva einen Charakter zu geben, das die Regieeinfälle zu Nichte machen. Stimmlich zeigt er seinen sehr cantablen Bariton mit sicherer gefühlsbetonter Führung. Kristina Hammerström als Marcellina und Peter Kalman als Bartolo finden sich gut mit überzogenem Spiel in das Verwirrspiel ein.

Viel musikalisches Gespür zeigt Raphael Pichon am Pult der Wiener Philharmoniker. Er setzt Akzente in einer klaren eher leicht fließenden Führung, nur selten trumpft er dramatisch auf. Die Dynamik kommt von den Sängern auf der Bühne. Die Wogen glätten übernimmt er im Graben. Die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor, von Jörn Hinnerk Andresen wieder bestens einstudiert müht sich in bunten Kostümen von Alan Hranitelj in ihren Rollen redlich ab.

Zarter höflicher Beifall eines beetroffenen Publikums

Dr. Helmut Pitsch

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