DVD Neuerscheinung Lohengrin aus Stuttgart Viel Volk wenig Held

Xl_lohengrin__c__matthias_baus_stut_lohen_gp2018_0922__002_ © Staatstheater Stuttgart Mathias Baus

Viel Volk wenig Held - Orchester und Sänger beleben die klassische Lohengrin Inszenierung in Stuttgart  DVD Besprechung 

Einem düsteren Mysterienspiel gleicht diese Interpretation des romantischen Märchens von Lohengrin, dem einsamen Retter, der auf die Erde kommt, um an der Seite der von ihm erlösten Elsa von Brabant irdisches Glück zu finden. Doch die Romanze scheitert am Misstrauen und Neid. Die aktuelle Inszenierung von Richard Wagner Lohengrin an der Staatsoper Stuttgart ist nun auf DVD im Label Bel Air classiques erschienen.

Raimund Orfeo Voigt versetzt die Handlung in einen leeren dunklen abstrakten Raum, ähnlich der Regietradition des späten Wieland Wagner. In der Bühnenmitte wird ein ausgeleuchteter Kreis zum Zentrum des Geschehen. Grau und farblos erscheinen -Kostüme von Tina Kloempken - die Brabanter und der Held in einfacher moderner Alltagskleidung und Arbeiteruniformen taucht. Durch die Rettung ihrer Herrscherin wechseln sie im Freudentaumel in frische und bunte Kleider.  Der Heerrufer wirkt in seinem hellen Anzug mit kurzem Jacket und Kummerbund eher wie ein Flamencotänzer, der sich hierher verirrt hat.

Gesetzt und wenig spektakulär ist die Inszenierung von Arpad Schilling, der mehr auf starke stimmungsvolle Bilder mit Tiefenwirkung setzen will. Verschiedene Einfälle wirken verfremdend oder verfrachtend. So taucht Lohengrin aus der Masse auf und wird förmlich in den Zweikampf und zu seinem Glück von den feiernden Brabantern gestoßen. Ortrud darf einen eleganten pelzbesetzten Mantel bei ihrer vermeintlichen Abreise mit dem Koffer tragen während die träumende Elsa im Nachthemd und Bademantel die Intrigantin aufnimmt. Originell formen die Chorsängerinnen aus den Jacken der Männer ein blaues Band auf dem ausgestopfte Schwäne wie in einen Bach ausgesetzt werden. So steht das Brautpaar eher auf der Festwiese als auf dem Weg zum Altar. Am Hochzeitsbett klebt Lohengrin lange fest und verbreitet auch die Gralslegende und die Geschichte seiner Herkunft von dort. Heinrich als auch Ortrud nutzen es wie ein Podium, um die Aufmerksamkeit der Menge zu erhalten. Elsa rafft am Ende die Mitbringsel Lohengrins zusammen und hält mit gezücktem Messer das ihr folgende Volk auf Abstand. Ortrud kostet sehr lebendig ihren Sieg.

Michael König ist nicht der strahlende und heldenhaft schmetternde Tenor aber seine stimmliche Ausgestaltung des Lohengrin passt bestens zur passiven Zeichnung durch den Regisseur. Klar intoniert er die Höhen und weiß Melodiebögen auszuführen. Im Volumen wirkt er gedämpft. Simone Schneider ist eine gereifte Elsa, die sich nicht leicht hinreißen lässt. Eher wirkt sie mit kritischem Blick abwartend und prüfend. Klar formt sie die Vokale und achtet sehr auf ihre Wortdeutlichkeit. In dieser Elsa ist Misstrauen schnell gesät und ihre Dramatik wirkt echt auch wenn der kleine Stofftierschwan unter dem Bett nicht gerade in die Hochzeitsnacht passt.

Bestechend ist die Ausgestaltung der Rolle der Unruhe und Unglück stiftenden Ortrud durch die junge Okka von der Damerau. Sie kann in ihrem Mezzo Farbe mischen und auch Schärfe sowie Gift versprühen. Gepaart mit ihrer Bühnenpräsenz ist der Erfolg ihres Intrigenspiels und ihrer Durchsetzungskraft nachvollziehbar. Wird diese Rolle zumeist von Sängerin in ihrer späten Karriere gesungen, ist diese junge frische Stimme eine gelungene Besetzung. Martin Gantner wird zum willenlosen Ehemann Telramund, der mit Brille und Anzug wie ein willfähriger Buchhalter wirkt, auch wenn er stimmlich klare und kräftige Akzente setzt. Auch Heinrich der Vogler darf mit Brille und Anzug sehr wie ein Manager wirken. Goran Juric gradiert sich mit klarer starker Stimme zum Machthaber.

Viel Handlung wird im Orchestergraben erzählt. Cornelius Meister schöpft aus der Partitur intensiv Erzählstoff, das Orchester sprüht in vollem romantischem Klang, Bläser und Streicher zeigen besten Einsatz und Spielfreude, wenn es passt auch auf der Bühne. Gut gewählte Tempi helfen den Sänger im Schwung aber doch nicht gehetzt zu sein. Detailverliebt erhalten Schlüsselstellen Gehör und Gefühlsmomente werden ausgekostet. So bekommt die lineare statische Regie auf der Bühne eine dreidimensionale Tiefe.

Viel Beifall und Begeisterung im Publikum.

Zum Nachhören und - schauen

Staatstheater Stuttgart Richard Wagner Lohengrin BelAir classiques BAC 175

 

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