Don Giovanni konzertant halbszenisch und dann doch gelebtes Theater in Salzburg

Xl_mowo2023_dongiovanni_szenenfotos_c_wolfganglienbacher_3484 © Wolfgang Lienbacher/Mozarteum

Wolfgang Amadeus Mozart Don Giovanni Mozartwoche Felsenreitschule Salzburg 27.1.2023

Don Giovanni konzertant halbszenisch und dann doch gelebtes Theater in Salzburg mit ambitionierten Darstellern und einem versierten Dirigenten

Drama giocoso in zwei Akten, ein heiteres Drama kündigt der Gattungsbegriff für Wolfgang Amadeus Mozarts großem Bühnenwerk Don Giovanni, mit dem kompletten Titel „Il dissoluto punito ossia Don Giovanni“ KV 527 an. Derweilen steht das Werk über den spanischen Verführer oder besser Wüstling wie kaum ein anderes zwischen Gegenwart und Jenseits, hell und dunkel. Rolanda Villazon, Intendant der Stiftung Mozarteum hat als Hausherr der Mozartwoche eine szenische Einrichtung für einen konzertanten Opernabend im Rahmen der diesjährigen Veranstaltungsreihe übernommen. Aus Aufführungsort wurde die Felsenreitschule mit seiner großen Bühne vor der eindrucksvollen Felswand mit seinen malerischen Bögen gewählt. In der Mitte hat das Orchester, die Capella Andrea Barca Platz genommen. Zwei klassizistische Bühnenbauten in kräftigem Gelb, einmal ein Hauseingang mit elegantem Portal, einmal eine Fensterfassade mit geschlossenen grünen Läden umrahmen auf beiden Seiten die Musiker und bilden sowie grenzen die Handlungsorte ein. Die Solisten treten zumeist in gängiger moderner Konzertkleidung auf. Lediglich Leporello trägt einen barocken Gehrock und Hut. Viel Augenmerk wird in die Personenführung gelegt, die, wie zu erwarten, von Rolando Villazon mit vielen Gesten und manchem Gag ausgearbeitet wird. Auch den Dirigenten des Abends, Sir Andras Schiff bezieht er immer wieder mit ein, zur Belustigung des Publikums. So entsteht mit wenigen Requisten und Lichteffekten von Davy Cunningham ein lebendiger wirkungsvoller Opernabend.

Am Pult führt der geadelte Musiker souverän das von ihm 1999 gegründete Orchester. Seit 37 Jahren ist Sir Andras Schiff Mitwirkender der Mozartwoche, zuerst als Pianist nun auch als Dirigent. Sein Zugang zu der Musik des genialen Mozart ist unprätentiös und sehr ausgeglichen. Ruhig ohne überdrehte Forte in einer klaren Klangsprache wird die Musik intim, transparent und lebendig in den Verzierungen. Die Dramatik läßt er aus der Handlung entstehen und untermauert dies in der musikalischen Begleitung, die so sehr präsent und wirkungsvoll im Zusammenspiel mit den Stimmen wird.

Mit dem jungen Augsburger Johannes Kammler ist ein spielfreudiger Frauenheld gefunden, dem kaum das schändliche Treiben zuzumuten ist. Umso mehr macht ihm diese Liderlichkeit in der Umsetzung Spaß. Er trumpft nicht mit sattem Bariton als Don Giovanni auf, sondern führt sehr kantabel und nahezu liedartig seine Stimme. Vom Lied kommt Julian Pregardien, der mit seinem kräftigen farbenreichen Tenor als Don Ottavio die eindrucksvollste Darstellung des Abends liefert. Ein Wiedersehen bringt der Abend mit Altstar Robert Holl. Er präsentiert seinen dunklen Bass als Il Commendatore und die Anstrengung im Spiel und Gesang sind erkennbar, seine Bühnenpräsenz ist unvermindert stark. Eifrig erfüllt Maurizio Muraro als gehorsamer Diener Leporello die Befehle seines Herren. Der Italiener nutzt seinen Sprachvorteil geschickt, und packt in Gestik und Mimik seine Gefühlsebene mit ein. Stimmlich ist er sicher, in der beliebten Registerarie wirkt er brav und farblos. Der Neuseeländer Julien van Mellaerts überzeugt mit seiner eleganten nuancierten Stimme als gehörnter Bräutigam Masetto, der auf Rache sinnt.

Die von Don Giovanni verfolgte Weiblichkeit bekommt in der szenischen Gestaltung von Rolando Villazon viel Aufmerksamkeit und interpretatorische Kraft. Ihr Umgang mit der Beziehung zum Helden wird differenziert beleuchtet. So gelingt Magdalena Kozena eine aufbrausende wie ebenso liebevolle Donna Elvira, die bis zuletzt eindringlich eine Eroberung des Helden versucht. Ihr Mezzosopran versprüht Farbe, die sie in ihrem Gesang einzusetzen weiß. Sie balanciert Lyrik und Dramatik kunstvoll aus. Die Zerlina von Julia Lezhneva strahlt jugendliche Neugierde und Naivität aus, die sehr schnell in ihrem Schicksal lernt und reift. Ihr heller Sopran ist rein und klar in den Spitzentönen und ohne Mühen bewegt sie sich in allen Lagen. Sylvia Schwartz dagegen müht sich als Donna Anna mit ihrem dramatisch angelegten Sopran, der in der Höhe vibriert und metallen gedrückt ist.

Der Bachchor Salzburg, bestens einstudiert von Benjamin Hartmann, tritt immer wieder auf und fügt sich als Volk beteiligt in das Geschehen wohlklingend ein.

Im ausverkauften Saal herrscht Begeisterung und die geschmeidige flotte Inszenierung findet verdienten Beifall.

Dr. Helmut Pitsch

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