Die Berliner Philharmoniker stellen ihr Können unter Petrenko in Salzburg wieder unter Beweis

Xl_berliner-philharmoniker-petrenko-2023-2-c-sf-monika-rittershaus-001-_vkl © Monika Rittershaus

Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Salzburger Festspiele 28.8.2023

Die Berliner Philharmoniker stellen ihr Können unter Petrenko in Salzburg wieder unter Beweis

Einen breiten Bogen in der Musikgeschichte zieht das zweite Konzert der Berliner Philharmoniker unter ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko bei den Salzburger Festspielen. Von Beethoven und der Wiener Klassik bis zu Schönberg und seiner Zwölftonmusik. Dabei zeigt das Orchester seine hohe Musikalität und Instrumentenbeherrschung und der Dirigent seine Führungsstärke und Interpretationsverständnis, zur großen Begeisterung des Publikums.

Johannes Brahms's Variationen über ein Thema von Joseph Haydn für Orchester B-Dur op 54 sind zunächst für zwei Klaviere 1873 entstanden, die der Komponist mit der verehrten Freundin Clara Schumann uraufführte. Kurz darauf erfolgte auch die Uraufführung der Orchesterfassung, die sich rasch großer Beliebtheit erfreut. Das Thema lieferte Brahms sein Freund Carl Ferdinand Pohl, der kurz zuvor zufällig in einer Bibliothek verschiedene Divertimenti von Joseph Haydn entdeckte.

In kontrapunktischer Tradition stellt Brahms das Thema vor und wandelt es in acht Variationen meisterhaft in polyphone Strukturen. Geschickt setzt er rhythmische Akzente, feierlich würdevoll wandert das Thema zu marschartiger Strenge und tänzerischer Volksweise. Kirill Petrenko achtet auf die differenzierten Ausgestaltungen der Variationen, forciert Tempiunterschiede und auch Volumen. So entsteht eine vielschichtige reichhaltige Interpretation. Im Finale kommt es nochmals zu markanten Steigerungen und zackigen  Schlußakkorden.

Symphonische Klangfarben in polyphoner Vielfalt komponierte Arnold Schönberg 1926 in seinen Variationen für Orchester op 31. in der Zwölftonmusik verankert, ist es ein Meisterwerk der Wiener Moderne und bahnbrechend für die Musikgeschichte. Die Uraufführung unter Wilhelm Furtwängler wurde zumEklat und spaltete die Musikwelt ob seiner Modernität. Noch heute besticht das Werk durch seine thematisch motivischen Beziehungen in einer Tradition Beethovens oder Brahms, das in Harmonie klassische Rahmen sprengt. Wieder ist Kirill Petrenko mit größter Präzision am Werk, schlägt klar den Takt, gibt viele Einsätze direkt und führt die instrumentale Breite zu einem dichten Guß zusammen. Rhythmisch setzt er behutsam Akzente und reisst die Musiker mit Schwung mit. Die Atonalität ist spürbar aber schmerzt nicht. Er fügt beherzt das sperrige Klanggebäude zu einer kompakten gefälligen Gesamtheit zusammen.

Ludwig van Beethoven Symphonie Nr 8 F-Dur op 93 steht im Schatten seiner Nachbarn, der tänzerisch schmeichelnden 7.Symphonie, der Apotheose des Tanzes und der großen feierlichen Neunten. Dabei sprüht die achte Symphonie nur so von frohen Botschaften und positiver Ausstrahlung. Die organische Einheit überzeugt. Petrenko übernimmt den inneren Vorwärtsdrang des Werkes und gestaltet diesen zu einem schwungvollen nahezu humorvollen Themenschwall, die eng aneinander gereiht am Zuhörer vorüberziehen. Intensiv setzt er Zeichen, bewegt sich selbst ungewohnt ausgreifend. Die Hände flattern über den Musikern, der Dirigent tanzt förmlich zu seinenm Taktschlag. Das Ganze wieder in beeindruckender Genauigkeit der Musiker. In zartesten Piani spielt das Cello sein Solo, jede Instrumentengruppe bekommt ein Thema zugespielt und Petrenko fügt es ohne Riß zusammen. Das Finale treibt dem Höhepunkt zu ohne diesen überzubewerten. Generalpausen werden in der Spannung schmerzhaft und dann endet alles zart und locker.

Das Publikum ist restlos hingerissen und feiert Dirigent und Orchester.

Dr. Helmut Pitsch

 

 

 

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading