Bunt und frech ein moderner Rosenkavalier in Amsterdam

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Richard Strauss Der Rosenkavalier Dutch National Opera 2.5.2023

Bunt und frech ein moderner Rosenkavalier in Amsterdam

Es ist die erste Straussoper für Lorenzo Viotti, dem beliebten Generalmusikdirektor der Dutch National Opera. Mit seinen an die Fans gerichteten Postings in den sozialen Medien hat er eine große Breitenwirkung erreicht und ist sicher ein "role model" unter den jungen Klassikstars. Am Pult des Nederlands Philharmisch Orkest zeigt er nun seine Meinung, seine Vorstellungen zu Richard Strauss, einem Komponisten der eine Zeitenwende zur Moderne eingeleitet hat. Romantik trifft Expressionismus, Harmonie trifft Dissonanzen, darüber verbinden klassische Walzerklänge herrliche Melodien und rhythmische Ausbrüche. Dabei muss Viotti bis zu hundert Musiker im Graben beisammen halten und führen. Er zeigt seine Klangsprache, die ruhig und gelassen mit Gefühlen, philosophischen Monologen etwa der Marschallin umgeht. Für die Sänger zeigt er Gespür und Rücksicht, lässt sie über dem Orchester strahlen. Aber dieses kommt nicht zu kurz in so manch distonischen Erguss. Besonders im dritten Akt fühlt der Zuhörer Spannung und Gefühle in der Auseinandersetzung des Dirigenten zwischen Graben und Bühne. Insgesamt eine souveräne Leistung des Orchester mit einer klar definierten Interpretation des Dirigenten, der dafür den größten Beifall bekommt.

Der Rosenkavalier ist für die Dutch National Opera ein geschichtsträchtiges Werk. Am 17. November 1965 wurde die Oper mit dem Rosenkavalier eröffnet. Zur 50 Jahr Feier 2015 wurde diese Neuinszenierung unter der Regie von Jan Philipp Gloger erstmals aufgeführt. Mit den prächtigen Bühnenbildern von Ben Baur entführt diese in ein edles modernes Ambiente, nicht immer gerade wienerisch aber effektvoll. Dunkel getäfelt mit großen Fenstern ebenerdig zur Straße wohnt der Feldmarschall, im hellen sonnendurchfluteten luxuriösen Zeltaufbau - Bernd Purkrabek Lichtregie - erwartet der reiche Bürger Faninal seinen Schwiegersohn und im besseren Stundenhotel findet sehr passend das schicksalshafte Stell Dich ein des gehörnten Baron Ochs statt. Karin Jud kreiert dazu moderne Roben für zahlreiche Statisten und barocke Kostüme und Perücken als Kontrast für Diener und das junge Liebespaar Sophie und Octavian. Jan Philipp Gloger zeigt vielfältige Ideen für ein munteres und unterhaltsam kurzweiliges Treiben, wobei wiederum der dritte Akt mit humoresken Bildern besonders überzeugt. Im Hause Faninal schlägt seine Phantasie turbulent über die Stränge.

Eine internationale Sängerriege wurde für diese Wiederaufnahme eingeladen. Maria Bengtsson gibt eine edle sehr attraktive Marschallin, die auch über einen höhensicheren schimmernden Sopran verfügt. Leider ist ihre Textberständlichkeit gering und so bleibt ihre Interpretation farblos. Angela Brower hat sehr an der Wortdeutlichkeit gearbeitet und erfreut mit einer gut gespielten sehr präsenten Ausgestaltung ihrer Hosenrolle. Ihr Octavian ist ein munterer gewiffter selbstbewusster junger Draufgänger. Christof Fischesser lässt viel Witz in seinem Baron von Ochs spüren und kommt ungehobelt aber nicht dümmlich. Stimmlich zeigt er sich in guter Form, aber auch bei ihm vermisst man Textverständlichkeit. Martin Gantner ist ein moderner rockiger Faninal in glänzenden Anzug mit Cowboystiefeln. Ein protziger Selfmade man mit weing Formen. Seine Tochter Sophie wird bei Nina Minasyan zur naiven zerbrechlichen Jugendlichen, die in der neugefühlten Lust und Liebe zu Octavian Charakter gewinnt. Zart, glöckchengleich ihr Gesang mit Emotion durchsetzt.

Ein sehr gelungener schwundvoller Opernabend vor ausverkauften Haus wird mit heftigen kurzen Beifall belohnt.

Dr. Helmut Pitsch

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