
Carl Maria v Weber Der Freischütz Bregenzer Festspiele 20.7.2025
Bregenz Drinnen und Draußen perfekt aufgestellt
Die Bregenzer Festspiele erfreuen sich mit ihrer einmaligen Seebühne mit unvergesslicher Kulisse und spektakulären Bühnbildern großer Anziehungskraft. So wird die diesjährige Wiederholung der letztjährigen Premiere von Carl Maria v Webers Der Freischütz auch dieses Jahr wieder 28 Aufführungen füllen. Für das einmalige Erlebnis muss auch der Wettergott friedlich gestimmt sein. Die hohe Professionalität und die erarbeiteten technischen Standards erlauben aber auch einen raschen wetterbedingten Umzug in das Festspielhaus und eine reibungslose Fortsetzung im Trockenen. So bei dieser Aufführung am Sonntag Abend eindrucksvoll erlebt.
Herrschte zu Beginn noch Hoffnung trotz tiefer dunkler Wolken und passend zum Libretto spielten Blitz und Donner live mit. Sobald Ännchen Max ein aufziehendes Gewitter voraussagt, macht der Wettergott ernst. Nach 65 Minuten wird die Vorstellung abgebrochen und nach weiteren 15 Minuten sitzen die glücklichen Inhaber von Saalkarten wohlig warm und trocken im Saal und es geht konzertant mit ausreichend Spiel weiter. Geister klettern und rutschen durch die Gänge, auf der Bühne gibt es viele Gesten und Bewegung.
So kann sich der Besucher eines solchen Abends eines doppelten Spektakels erfreuen. Zuerst das wirkungsvolle üppig von Philipp Stölzl in Szene gesetzte musikalische Drama in dessen märchenhafter Winterkulisse von technisch perfekt verstärkter Klangkulisse begleitet und in rascher Überleitung in konzertanter Fortsetzung.in akustischer Reinkultur
Gegenüber dem Vorjahr gibt es wenig erkennbare Veränderungen in der Regiearbeit. Die herausgehobene Rolle Samuels als wortgewaltiger Conferencier wurde noch weiter vom Spiel getrennt und als Satans Kumpane definiert. Dieser Regieeinfall zündet weiterhin und verleiht dem Abend Humor und Leichtigkeit, verkürzt die Dialoge und erklärt mit Witz die mystische Handlung. Moritz von Trauenfels wird in dieser Rolle allen Anforderungen gerecht und gefeiert. Genussvoll schreitet er wie eine unheilvolle Krake omnipräsent über die Bühne, bringt mit Gags die Zuschauer zum Lachen aber auch zum wachen mitfühlen. Attilio Glaser ist als Max das Objekt dessen Begierde und soll ihm von Kaspar - solide Oliver Zwarg - als Opfer geliefert werden. Glasers feiner Tenor bekommt besonders im Saal eine anmutige Farbe und Lockerheit.Für Irina Simmes Agathe Mandy Friedrich
Für Irina Simmes als seine geliebte Agathe ist kurzfristig Mandy Fredrich eingesprungen und zeigt sich mit der Rolle und Inszenierung schnell vertraut. Sicher findet sie ihren Platz im Ensemble und ebenso punktet sie in der konzertanten Fortsetzung, wo besonders Gesang und Musik gegenüber den optischen Effekten dominieren. Ihr Sopran ist hell und jugendlich, mit Höhe und wohl klingender Mittellage. Katharina Ruckgaber will als ihre Cousine Ännchen selbstbewußt und rebellisch wirken, mitunter zu aufgesetzt. Stimmlich überzeugt auch sie in ihrer Rolle. Raimund Nolte ist ein väterlicher Kuno, der seiner Tochter Agathe mit Strenge beisteht und satt seine Wünsche an den Schwiegersohn reklamiert. Liviu Holender ist als Ottokar ein wandelndes Double von König Ludwig, mit kleiner Stimme strahlt er zuwenig herrschaftlich.
Der Bregenzer Festspielchor wirkt auf der Seebühne engagiert mit harmonischem Klang mit. Die Wiener Symphonier als langjähriges Festspielorchester führt Christoph Altstaedt routiniert und kommt auch mit dem Wechsel der Rahmenbedingungen ohne Brüche zurecht. Das Orchester ist für die Übertragung auf die Seebühne groß besetzt, zeigt sich aber im Saal ebenso nuanciert mit romantischen breiten Streicherklang. Schwungvoll erklingen die bekannten Melodien, gut unterlegt Altstaedt die Dialoge und begleitet die Arien mit viel Gespür.
Ein farbenreicher Abend mit interessanten akustischen Vergleichsmöglichkeiten. Qualitativ sind die Bregenzer Festspiele für alle Opportunitäten gut gerüstet.
Dr. Helmut Pitsch
22. Juli 2025 | Drucken
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