Anna Bolena in Krakau klassisch reduziert ohne schlüssiges Regiekonzept

Xl_2_-_anna_bolena_photo_by__ukasz__uszczek © Opera krakowa
Gegründet 1954 erhielt die Oper Krakau erst in 2008 ein Zuhause im neuerbauten Opernhaus. Futuristisch mutet der schlichte Bau aus rotem Stahlträgern mit klarer Linienführung und viel Fensterfläche an. An einer viel befahrenen Ausfallstrasse gelegen bietet der Bau 780 Personen Platz. Die kulturinteressierten Krakauer sind stolz auf ihre Oper und die Aufführungen werden von jung und alt gut besucht. Anna Bolena ist Gaetano Donizettis 35. Oper und leitete seinen Ruhm zu Lebzeiten ein. Die Handlung basiert auf dem Schicksal Anne Boleyns, der zweiten Gattin Heinrich des Achten. Ihre Weigerung, sich als Mätresse des Königs hinzugeben, führte zur Auflösung der kinderlosen Ehe Heinrichs und Katharina von Aragon sowie zur Entstehung der Anglikanischen Kirche. Ihre jugendliche Romanze mit Henry Percy, Earl of Northumberland wurde auf Befehl des Königs beendet. Die spätere Königin Elisabeth Ist deren einziges Kind. Der erhoffte männliche Thronfolger blieb aus. Der Vorwurf des Ehebruchs und Hochverrats führte zu ihrer Enthauptung 1536. Das Libretto von Felice Romani hält sich weitgehend an die historische Vorlage und Gaetano Donizetti verpackt das tragische Schicksal in zwei Akte voller ausgefeilter Melodien und gefühlvoller Musik, gespickt mit kämpferischen oder gefühlvollen Duetten. Nach dem Misserfolg der vorangegangenen Uraufführung von Chiara e Serafina an der Mailänder Scala bemühte er sich besonders intensiv um die Komposition der neuen Oper. Die Regie dieser Neuinszenierung für die Oper Krakau stammt von der Filmregisseurin Magdalena Lazarkiewicz. In aufwendigen historischen Kostümen erlebt der Zuschauer eine steife führungslose Darstellung. Die Spannungsverhältnisse zwischen den einzelnen Handelnden treten kaum in Erscheinung. Zur Ouvertüre wird das Treiben an einem Filmset vorgeführt, die ersten Ideen im Kopf der Zuseher entstehen, welche aber während des restlichen Abends keinen Bezug finden. Das schlichte zumeist dunkle Bühnenbild bestehend aus beweglichen Wänden, ergänzt um Lichtprojektionen stammt von Pavel Dobrzycki. So kann der Zuhörer sich ohne Ablenkung auf die Musik und die beachtliche Leistung der ausnahmslos polnischen Mitwirkenden konzentrieren. Katarzyna Oles Blacha gestaltet mit viel Inbrunst die Titelpartie. Unsicherheiten zu Beginn und stimmliche Grenzen in der Höhe sind schnell vergessen, mit viel Dramatik und Spiel überzeugt und berührt sie. Monika Korybalska mimt die schöne Gegenspielerin Joanna Seymour. Ihr Mezzo hat Farbe und Tiefe. Ohne Probleme singt sie die Phrasen in allen Lagen sicher aus. Szymon Kobylinski ist ein farbloser König mit dünner Höhe aber vollmundig in der Mitte und Tiefe. Stürmisch und kraftvoll tritt Andrzej Lampert als der zurückgeholte Liebhaber Richard Percy an. Er schmettert seine Gefühlsausbrüche effektvoll und wirkt zärtlich im Liebesduett mit der Königin. Dieses belauscht Wanda Frank als der Page Smeton. Wäre sie nicht so nervös hätte sie mehr in dieser Rolle geben können, denn ihre Stimme zeigt feine helle Konturen. Sebastian Marszalowicz zeichnet seine Rolle als Annas Bruder Rochefort hölzern ohne Facetten. Am Pult sichert Tomasz Tokarczyk mit viel Umsicht und Rücksicht den musikalischen Erfolg des Abends. Er riskiert keine überzogene Romantik oder Dramatik im Orchester sondern setzt auf genaue Einsätze und klare Linien. Das Orchester ist sehr gut vorbereitet, ebenso der Chor der Oper Krakau und es gelingt eine überzeugende Aufführung, die vom Publikum gefeiert wird. | Drucken

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