Musikhochschule Hamburg meets Leonard Cohen and Philip Glass

Xl_foto_dsc4134_web © Patrick Sobottka

The Book of Longing

A Musical Theatre Piece by Philip Glass

Images and Poetry by Leonhard Cohen


Premiere am 28.01. 2023

 

Hochschule für Musik und Theater Hamburg

Theaterakademie Hamburg

im Rahmen der Reihe junges forum Musik und Theater

 

Der kanadische Dichter und Songwriter Leonhard Cohen und der amerikanische Komponist Philip Glass trafen sich Anfang der 2000er Jahre in Los Angeles. Beide Künstler bewunderten die kreative Kraft und Tiefe des anderen seit langem und  sprachen auch mehrere Jahre über eine Zusammenarbeit. Das 2007 veröffentlichte Musical Theatre Piece The Book of Longing  war schließlich ein Ergebnis dieses Prozesses.

Cohen hat die Texte im Wesentlichen schon zuvor, in der Zeit seiner Aufenthalte in einem buddhistischen Kloster geschaffen. Sie sind metaphysische Erkundungen in Sphären zwischen der Realität und dem Jenseits, dem Heute und der Zukunft. Sie changieren in den Zwischenwelten menschlicher Existenz mit bitterer Ironie, Verzweiflung, eigenwilliger Komik und an Ende manchmal gar Fröhlichkeit. Sie sind weder inhaltlich konkret noch mit intellektuell-psychologischem Ansatz unmittelbar greifbar.   

Philip Glass ist einer der bedeutendsten amerikanischen Komponisten mit einem außerordentlich vielseitigen Werkekatalog: über 25 Musiktheaterwerke, 14 Symphonien, 13 Konzerte sowie Kammermusik.     

Das junge forum Musik und Theater an der Musikhochschule Hamburg brachte nun in einer rund 60-minütigen Fassung The Book of Longing zur Aufführung. Das ist ein exotisches und mutiges Projekt, denn diese musikalische Form steht ganz gewiss nicht ganz weit oben auf dem Lehrplan einer deutschen Musikhochschule. 

Die intrikaten rhythmischen Strukturen der Musik von Philip Glass mit ihren linear-mathematischen Verläufen erfordern im Verständnis ihrer Art eine einfühlsame Erarbeitung, um die spezifische Innenspannung der Musik zu kreieren und (noch anspruchsvoller) aufrecht zu erhalten. Das ist keineswegs ein einfaches Unterfangen, obwohl sich dieser hohe Schwierigkeitsgrad beim ersten Hören dieses so Glass-typischen Changierens und Gleitens der Klangstrukturen gar nicht erschließen mag.   

Wesentliche Elemente des geradlinigen Bühnenbildes von Nick Guse und Janik Müller, der Kostüme von Lea Grabosch und Lea Steinbrügge sowie speziell auch der Personenführung der Regisseurin Paula Oscar Rüdiger erinnern an die Zeichen-, Bewegungs- und Lichtsetzungen Robert Wilsons, der das Erscheinungsbild nicht weniger Werke des Komponisten aus seiner intensiven Zusammenarbeit mit Philip Glass dominant geprägt hat. 

Die gestischen Bilder und Abläufe in ihrer Rätselhaftigkeit und manchmal nachgerade jenseitigen Bestimmtheit erfordern nicht nur eine choreographische Erarbeitung, sondern gleichzeitig eine innere Kraft in der Ruhe der anspruchsvollen Stimmführung und Bewegung, die für junge darstellende Künstler ganz ohne Zweifel eine besondere Herausforderung darstellen.      

Vier Sänger und junge Studenten der Musikhochschule zusammen mit dem Schauspieler Luca Mauel Krebs Mbiene tragen den Abend: Louis de Boncourt (Bariton), Anna Felina Ekaputri (Sopran), Viktoria Holenok (Mezzosopran) und Ting Yi Yang (Tenor): die jungen Darsteller  vermitteln in ihrer Begeisterung, ihrer Jugendlichkeit, ihrem unbedingten Willen, jeder für sich einen eigenen Ausdruck zu erarbeiten und die Bühne zu erobern, einen in ihrer Unschuld und Frische allesamt einen bezwingenden Eindruck. 

Die musikalische Leitung hat der Komponist und Dirigent Giordano Bruno do Nascimento.  Zusammen mit  zehn jungen Musikern an Keybord, Oboe, Englischhorn, Cello, Flöte, Klarinette, Saxophon, Violine sowie Kontrabass erobern sie die Klangwelten des Liederzyklus. Auch hier gilt, dass der Schwierigkeitsgrad der Partitur und des zu erschaffenden Klangkosmos nicht zu unterschätzen ist.  

Allen Beteiligten gelingt auf jeden Fall ein engagierter Eintritt in die schillernde Welt von Philip Glass, deren Eigenarten und Herausforderungen sie in später folgenden Projekten vielleicht weiter nachforschen können. Denn es wäre den Beteiligten zu wünschen, dass sie diesen spannenden Auftakt in weiteren praktischen Erfahrungen ausbauen können, und so sich die Welt von Philip Glass noch spannungsreicher erschließen können.       

Aber auch so leuchten schon die sanften psychedelischen Strahlen einer kalifornischen Mitternachtssonne in den trüben norddeutschen Januarhimmel.  

Achim Dombrowski

Copyright: Patrick Sobottka

 

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