„La Cage aux Folles“ von Jerry Herman in Klagenfurt: Sei wer du bist - wenn es andere stört, dann erst recht

Xl_la_cage-_c_helge_bauer-4-24 © Helge Bauer

„Ich bin, was ich bin“ –" I am What I Want" - der größte Hit aus dem Musical „Ein Käfig voller Narren“ („La Cage aux Folles“) von vielen Interpreten u.a. von Shirley Bassey und Gloria Gaynor gesungen, wurde auch zur Emanzipations-Hymne und charakterisiert das gesamte Stück, das für Toleranz und Offenheit wirbt.  Aber Jerry Herman, (u.a. komponierte er das Erfolgsmusical „Hello, Dolly!“) hat auch andere Ohrwürmer in diesem Stück, dessen Uraufführung 1983 am Broadway  stattfand und das mit sechs Tony Awards ausgezeichnet wurde, auf Lager. Basierend auf dem Theater-Stück von Jean Poiret 1973, wurde es auch 1978 mit Michel Serrualt und Ugo Tognazzi erfolgreich verfilmt. Jetzt kann man das Erfolgsmusical als letzte Produktion der heurigen Saison am Stadttheater Klagenfurt mitreißend erleben.  

 „Zaza“, eigentlich Albin, beherrscht die Kunst der Travestie meisterhaft, und ist, inzwischen allerdings etwas abgetakelt, der Star eines Nachtclubs in Saint-Tropez, Georges ist dessen Besitzer. Seit über 20 Jahren sind sie ein Liebespaar. Da taucht Georges Sohn aus einem früheren „Fehltritt“ auf und eröffnet dem Papa, ausgerechnet die Tochter eines erzkonservativen Provinzpolitikers heiraten zu wollen. So spielen die beiden ein heterogenes Paar vor. Nach allerlei Turbulenzen und Verwicklungen kommt es aber doch zum Happy-End.

Für Andreas Gergen, der in der letzten Saison hier am Haus erfolgreich „Sound of Music“ inszenierte, war es wichtig zu zeigen, im Leben keine Kompromisse zu machen, wenn es um den eigenen Charakter und die Identität geht. Zu sehen ist eine turbulente Revue voller Paradiesvögel und Glamour, reich an witzigen und viel zum Lachen reizenden Gags und schnellen Szenenwechseln in einer bunten, glitzernden Welt der Travestie. Dazu begeistern atemberaubende Tanzszenen der „Cagelles“ (Choreographie: Wei-Ken Liao). Ob steppend oder schmissig, immer verbreiten die tanzenden Paradiesvögel hemmungslose Lebenslust. Ausstatter Thomas Stingl hat dafür fantasievolle Kostüme und eine farbenreiche, schillernde Showbühne, wie auch den Backstagebereich des Nachtclubs sowie ein Appartement auf der Drehbühne entworfen. Dazwischen haben die Autoren aber auch auf ruhigere bis melancholische Szenen gesetzt, in denen die private wie gesellschaftliche Situation des gealterten Schwulenduos thematisiert wird. Amüsant und subtil führt Gergen durch die Banalität des Alltäglichen und zugleich die Extravaganzen des Paares.

Dieses agiert schlichtweg großartig: Mathias Schlung ist als Albin, genannt "Zaza" eine Drag Queen-Diva, absolut glaubwürdig und elegant in seiner Erscheinung. Tim Grobe als sein Partner Georges gibt den pflichtbewussten, souveränen, manchmal cholerischen Nachtclubbetreiber. Für den Wirbel ist der Butler Jacob zuständig, den Romeo Salazar mit Turbo-Tempo hinlegt. Tadellos spielen und singen auch Timotheus Hollweg als dessen Sohn Jean-Michel und hinreißend Anna Rosa Döller als dessen Verlobte Anne Dindon. Sie wird kommenden Sommer in Mörbisch die Hauptrolle in „My Fair Lady“ verkörpern. Michael Duregger, als Annas Vater undSchwiegervater in spe, ist ein übel spielender, homophober, rechtspopulistischer Politiker, Odette Brenninkmeijer ihre Mutter. Auch die kleinen Rollen und der Chor des Hauses agieren wunderbar.

Dem Dirigat von Günter Wallner (hat auch den Chor einstudiert) am Pult des Kärntner Sinfonieorchesters fehlt es bei der Sause etwas an Esprit und Exaktheit, die Musik kommt aber doch relativ schwungvoll einher.  Es wurde es ein umjubelter Abend mit stehenden Ovationen, der seine Botschaft in alle Richtungen sendet: Sei, wer du bist - und wenn es andere stört, dann erst recht!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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