Only the sound remains: Fulminate europäische Premiere in Venedig

Xl_avz09259 © La Biennale Musica Andrea Avezzu

Biennale Musica Venezia 2021 Kaija Saariaho Only the sound remains Europäische Premiere Kammeroper in zwei Teilen 2015

 

Weich aus dem nichts förmlich hereinfliessend eröffnet die Querflöte eine gespenstische Traumwelt, langgezogen entwickeln sich Töne und Melodien. Das Kantele, ein traditionelles finnisches Instrument dem ungarischen Hackbrett ähnlich, unterlegt einen Rhythmus, Marimba und ein mit vielen exotisch klingenden Imstrumenten ausgestattetes Schlagzeug schleichen sich förmlich dazu. Die Klänge eines Streichquartetts ergänzen die Instrumentation. Die Klangwelt füllt den Raum, erzeugt Spannung und einen Drang vorwärts. Immer mehr durchdringt fernöstliche Klangfärbung das Spiel. Only the sound remains ist eine weitere Oper im Schaffen der bedeutenden finnischen Komponistin Kaija Saariaho. Der Regisseur Peter Sellers und der Countrrtenor Phillipe Jaroussky unterstützten sie in der Themenfindung und Ausgestaltung dieses außergewöhnlichen Werkes, das Geist, Philosophie und Kunst von Ost und West packend verbindet. Die literarische Vorlage entspringt dem strengen japanischen Noh theater. Die Texte wurden von Ezra Pound adaptiert. Fernöstliche Märchenwelt und Theaterluft von Geistern und Tanz durchsetzt bestimmen den Inhalt der beiden nicht zusammenhängenden Teile.

Im Ersten trifft der Wächter des Tempels auf den Geist Tsunamassa, einem bedeutenden Feldherrm der gerade in einer Schlacht gefallen ist und nun die Lichter auslöschen will, um seine Ruhe zu finden. Im zweiten Teil findet ein Fischer einen Federmantel und nimmt diesen mit nach Hause. Es erscheint der Geist des Mondes und erbittet diesen zurück. Der Fischer verlangt einen himmlischen Tanz als Gegenleistung. Im Tanz steigt der Gesist auf und verschwindet hinter dem Berg Fuji. Die Bühne ist vom Regisseur Aleksi Barriere minimalistisch mit fünf beweglichen Stoffbahnen wie Schiebetüren in japanischen Häusern ausgestattet. Scheinwerferlicht spiegelt die Konturen des Wächters vor und des Geistes hinter dem Vorhang. Mit Lichteffekten bleibt es mystisch streng. Ein Tänzer in akurater japanischer Bewegungs folge drückt Emotionen abstrakt aus. Im zweiten Teil dominiert eine breite transparente Stoffbahn, die in wechselnden Farben ausgeleuchtet wird.

Der polnische Countertenor Michal Slawecki verleiht mit seiner kräftigen nuancierten Kopfstimme, die von einem elektronischen Echo bzw Widerhall verstärkt wird, eine wunderbare einfühlsame Geisterwelt. Bryan Murray ist der menschliche Gegenpart als Wächter und Fischer. Ausgeprägt artikuliert er den Text und jede Note mit seiner Baritonstimme. Flexibel und ausgeschmückt zieht er seine langen Melodiebögen und fügt sich geschmeidig in die Geisterwelt ein. Das Theatre of Voices, eine Formation von vier Sängern, im Orchestergraben stehend, wiederholt und untermauert Textpassagen, verleiht diesen noch mehr mystische gespentische Ausdruckswelt.

Der auf moderne Musik spezialisierte und mit dem Werk Saariaho vertraute Dirigent Clément Mao-Takacs führt die Musiker souverän und energisch. Jeder Einsatz wird angezeigt und der Takt präzis geschlagen. Klangstrukturen und Volumen stimmt er laufend ab und entführt mitreißend in die fernöstliche diszipliniert strukturierte Musik und Theaterwelt. Der Abend, die Aufführung unterstreicht die herausragende Meisterschaft Saariahos kompositorische Strukturen zu verdichten, Klangwelten zusammenzuführen und den Zuhörer über zwei Stunden im Bann zu halten.

Wiederum stehende Ovationen für die Komponistin und alle Beteiligten dieser europäischen Premiere in Coproduktion mit Tokyo Bunka Kaikan, Palau de la Musica und Teatro la Fenice

Dr. Helmut Pitsch

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